Bombast ohne Worte

Expo-Attraktion: Der Pavillon des Medienkonzerns Bertelsmann berieselt die Besucher mit multikulturellem Multimediakitsch

HANNOVER taz ■ Über 50 Millionen Mark – „einen Betrag im hohen zweistelligen Millonenbereich“ – hat der Medienkonzern Bertelsmann für seinen Expo-Pavillon ausgegeben. Am zentralen Expo-Platz, der Plaza, der man noch mit einer Sponsor-Million den eigenen (Firmen-) Namen geben kann, steht der silbrig-glänzende ellipsenförmige Bau.

Schon diese zentrale Lage verweist darauf, dass die Bertelsmann-Show eines der Highlights der Expo 2000 sein will und damit in direkter Konkurrenz etwa zum Rundumkino des deutschen Pavillons steht oder auch zum Multimedia-Zauber, den die chemische Industrie unter dem Motto „Leben ist Chemie“ im Expo-Themenpark veranstalten will.

Aufwärts in den Bertelsmann-Ellipsoid geht es zunächst mit dem „größten Personenaufzug der Welt“. Mit dem so genannten Space-Lift können bis zu 200 Personen gleichzeitig zum Kino befördert werden, das in dem Ei von Bertelsmann steckt. Oben angekommen, erhält man jedoch zunächst im Lift schon mal die erste Dröhnung: mal Sphärenklänge, mal hämmernde Pauken und mal gefühlige Streicher, dazu eine Geschichte der Kommunikation, die tatsächlich gänzlich ohne Worte auskommt: Angefangen bei den ersten Bildern, die Menschen in den Fels geritzt haben, über den Buchdruck, den Stummfilm, Adolf Hitlers Radio und Kennedy mündet die Show in der in der allseits vernetzten Welt, in der „virtuellen Vielfalt des 21. Jahrhunderts“. Die Medien seien der Schlüssel zum Verständnis der Welt, lautet am Ende die Botschaft.

Im anschließenden Kinospektakel wird dem von Licht und Ton ergriffenen Planet-M-Besucher die gleiche Botschaft dann noch einmal nahe gebracht. Ein am Computer hergestellter 20-Minuten-Film klärt mit einem Kindermärchen über den Nutzen des Internets auf. Ein kleiner Junge aus einem 1.000-und-eine-Nacht-Märchen ist auf der Suche nach der Wahrheit, kommt in die Stadt, trifft eine hübsche, kleine Surferin, stellt seine Wahrheitsfrage ins Netz und bekommt von kleinen Freunden in aller Welt viele verschiedene Antworten. Die süßen Buben und Mädchen aller Länder werden so durch das Netz und sentimetale Musik vereint. Auch dieser wahrlich multikulturelle Film muss schon wegen internationalen Publikums, das auf der Expo erwartet wird, mit einem Minimum an Sprache auskommen. Schade nur, dass Bertelsmann seine Anteile an dem Internet-Provider, dessen Logo da auf den Kinder-E-Mails aus aller Welt zu erkennen ist, wieder abgestoßen hat.

JÜRGEN VOGES