Massenflucht in Eritrea

Äthiopien erobert größte Stadt im Südwesten Eritreas. UNO verhängt Waffenembargo

MERET-SETIT/NEW YORK rtr/taz ■ An der Kriegsfront zwischen Äthiopien und Eritrea bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an. Nach eritreischen Angaben hat im Westen Eritreas eine Massenflucht vor der vorrückenden äthiopischen Armee eingesetzt. 200.000 Menschen, so der eritreische Präsidentenberater Yemane Gebremeskel, seien auf der Flucht, nachdem die Stadt Barentu gestern früh von Äthiopien erobert wurde.

Barentu, mit 25.000 Einwohnern die größte Stadt im Südweste Eritreas, liegt rund 70 Kilometer von der Grenze entfernt und war bisher eine wichtige Kommandozentrale der eritreischen Streitkräfte. Wie beide Länder übereinstimmend meldeten, fiel der Ort in der Nacht zu gestern nach dreitägigem intensiven äthiopischen Beschuss. Äthiopien erklärte, der Verlust Barentus laufe für Eritrea auf den Verlust des gesamten Westteils des Landes hinaus. Eritrea sprach von einem strategischen Rückzug.

Kurz vor der äthiopischen Eroberung Barentus beschloss der UN-Sicherheitsrat in New York einstimmig ein Waffenembargo gegen Äthiopien und Eritrea. Allerdings wurde das Embargo auf Drängen Russlands und Frankreichs auf ein Jahr befristet. Die Resolution war auf Initiative der USA eingebracht worden.

Nach der Verabschiedung trat das Verbot der Lieferung von Waffen, Munition, Fahrzeugen, Ausrüstungen und Ersatzteilen mit unmittelbarer Wirkung in Kraft. Nach Ablauf der Geltungsfrist von zwölf Monaten kann der Sicherheitsrat das Embargo verlängern. Es kann beendet werden, sobald UNO-Generalsekretär Kofi Annan feststellt, dass die von der UNO erhoffte dauerhafte Friedensregelung zwischen den beiden verfeindeten Ländern erreicht ist. Die amerikanische UNO-Botschafterin Nancy Soderberg sprach von einem „starken und einmütigen Signal“ an die verfeindeten Länder, ihren Konflikt friedlich zu beenden.

Russland gilt als wichtigster Waffenlieferant Äthiopiens. Diplomaten zufolge liefern außer zahlreichen osteuropäischen Ländern vor allem Bulgarien, auch Israel, China, Frankreich und Italien Kriegsmaterial in die Region. Ob es mit Hilfe des Embargos gelingt, die Waffenzufuhr in die Region ganz zu unterbinden, dürfte von der Überwachung der Maßnahme abhängen. Diplomaten bei der UNO äußerten Zweifel an der Wirksamkeit des Embargos. Äthiopien nannte das Embargo ungerecht, da es dadurch mit Eritrea auf eine Stufe gestellt werde. D.J.

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