Noch eine Eingreiftruppe für Sierra Leone

Die von Nigeria dominierte westafrikanische Ecomog soll den Krieg gegen die Rebellenbewegung RUF wieder aufnehmen

BERLIN taz ■ Nach der UN-Blauhelmmission und der britischen Eingreiftruppe soll Sierra Leone jetzt in den Genuss einer dritten internationalen Militärintervention kommen. Sieben westafrikanische Staaten beschlossen am Donnerstagabend zum Abschluss mehrtägiger Beratungen in Nigeria, dreitausend Soldaten in das Bürgerkriegsland zu schicken. Die Truppe wird eine Neuauflage der erst vor wenigen Wochen aus Sierra Leone abgezogenen westafrikanischen Eingreiftruppe Ecomog .

Die Rückkehr der Ecomog nach Sierra Leone wird dort als Signal für eine Großoffensive gegen die Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) gewertet. Die Ecomog, 1990 als westafrikanische Eingreiftruppe im Bürgerkrieg in Liberia entstanden, kämpfte bereits von 1997 bis 1999 in Sierra Leone gegen die RUF. Bis zu 20.000 Mann stark, führte sie einen von zahlreichen Menschenrechtsverletzungen begleiteten Krieg, den sie nie vollständig gewann. Historisch war die Ecomog eine Spielwiese für Nigerias Generäle. Sie konnten sich bereichern, indem sie die ihnen zur Verfügung gestellten Gelder abzweigten und in illegale Geschäfte einstiegen.

Nachdem Sierra Leones Kriegsparteien im Juli 1999 Frieden schlossen und ab November UN-Blauhelme einrückten, zog sich die Truppe zurück. Der Abschluss des Ecomog-Abzuges vor drei Wochen war zugleich das Signal für die RUF, die UNO massiv anzugreifen.

Welchen Status die Ecomog jetzt gegenüber der UNO haben wird, ist nicht klar. Bei den Gesprächen in Nigeria wurden drei Optionen diskutiert: die Ecomog als untergeordneter Teil der UN-Mission, als ihr gleichwertiger Partner oder als ihr kämpfender Ersatz. Nigeria, das bereits einen Teil der Blauhelmssoldaten in Sierra Leone stellt, die schon auf eigene Faust gegen die RUF kämpfen, versteht seine Intervention als Element einer Arbeitsteilung mit Großbritannien und der UNO: Nigeria übernimmt über die Ecomog die militärische Drecksarbeit, die Briten kommandieren logistisch und politisch, die UNO zahlt. Die UNO sieht das anders, und eine Einigung ist noch nicht erzielt.

Die Vermehrung unkoordiniert nebeinanderher arbeitender ausländischer Armeen in Sierra Leone ist nicht risikolos. Großbritannien und die UNO streiten sich schon über das Schicksal des verhafteten Rebellenführers Foday Sankoh: London will ihn vor Gericht gestellt sehen, die UNO möchte ihn politisch in eine neue Friedenslösung einbinden. Und vor einigen Tagen gab es beinahe Kämpfe zwischen britischen Soldaten und nigerianischen UN-Blauhelmen. Die Briten begannen, Straßensperren der Nigerianer nach eigenen Bedürfnissen umzubauen; die Nigerianer verlangten, vorab über britische Truppenbewegungen informiert zu werden.

DOMINIC JOHNSON