Der Premier als Geisel

Sieben Fidschianer halten den Regierungschef des Inselstaates in ihrer Gewalt. Hintergrund sind ethnische Konflikte mit der indischen Bevölkerung

BERLIN taz ■ Sieben Bewaffnete haben gestern in Suva, der Hauptstadt der Fidschiinseln, das Parlament gestürmt und den indischstämmigen Premier Mahendra Chaudhry und sieben Kabinetsmitglieder als Geiseln genommen. In einer Ansprache bezeichnete sich der Anführer des Coups, George Speight, als Sprecher der eingeborenen Fidschianer. Die Regierung gelte als abgesetzt, die Verfassung sei außer Kraft und die Macht des Staatspräsidenten aufgehoben, erklärte er. 5.000 Fidschianer plünderten und zerstörten in Suva Geschäfte der Inder. Der Staatspräsident und Chef des Militärs, Ratu Sir Kamisese Mara, erklärte den Ausnahmezustand. Die Armee zieht sich um Suva zusammen. Der ehemalige Premier der Inseln, Sitiveni Rabuka, nahm Verhandlungen mit den Geiselnehmern auf. Rabuka hatte 1987 selbst zweimal gegen die Regierung geputscht. Die internationale Gemeinschaft verurteilte den Putsch.

Die Fidschiinseln, 2.000 Kilometer nördlich von Neuseeland, werden zu 51 Prozent von Eingeborenen bewohnt. 350.000 der 800.000 Einwohner kommen ursprünglich aus Indien. Sie wurden als Arbeitskräfte von der britischen Kolonialmacht auf die Inseln geholt. Seit der Unabhängigkeit 1970 ringen beide Volksgruppen auf der Insel um die politische Macht. Zweimal versuchten die Fidschianer eine Regierung der indischen Volksgruppe mit Hilfe des Militärs zu stürzen. 1997 wurde eine neue Verfassung erlassen, die die Benachteiligung der Inder bei der Sitzverteilung im Parlament aufhob.Vor einem Jahr wurde mit Mahandra Chaudhry erstmals ein Vertreter der indischen Gruppe Premier.

Der Konflikt gründet in einem Streit über Landrechte. Den indischen Arbeitern wurde von den Briten Land zu 30-jähriger Pacht überlassen, das ursprünglich im Gemeinschaftsbesitz der Eingeborenen war. Ein Großteil der Pachtverträge läuft seit 1998 aus. Die Fidschianer wollen diese nicht verlängern, damit droht den Indern der Verlust ihrer Lebensgrundlage. Fidschi befindet sich in einer Wirtschaftskrise. Ein Drittel der Bevölkerung lebt in Armut, die Inflationsrate liegt bei 15 Prozent.

Diplomaten in Suva schätzen die gestrigen Vorfälle eher als Geiselnahme, weniger als Putschversuch ein. Die Telephonleitungen ins Ausland sind tot, aber es gibt unter fidjilive.com regelmäßige Updates zum Konflikt über das Internet. MB