Ein Putschist auf Abruf

Fidschis Eingeborenenrat versagt dem Geiselnehmer George Speight seine Unterstützung. Er scheint selbst nur ein Strohmann der Armee zu sein

BERLIN taz ■ Fidschis Eingeborenenrat, das Great Council of Chiefs (GCC), hat sich gestern hinter den gegenwärtigen Regierungspräsidenten Ratu Sir Kamisese Mara gestellt. Einhellig forderte der Rat eine Rückkehr zur Normalität und ein Ende der Geiselnahme. George Speight hält seit Freitag mit sieben bewaffneten Komplizen den Premier des Landes und Mitglieder des Kabinetts als Geiseln fest. Er hatte sich zum Sprecher der Taukei, der Ureinwohner Fidschis, erklärt. Gestern versammelten sich etwa 1.500 Anhänger Speights vor dem Parlament. Nach eineinhalb Stunden wurde die Versammlung von der Polizei aufgelöst. In einer ersten Reaktion auf den Beschluss des GCC stellte Speight die Autorität des Councils in Frage; es habe offenbar den Bezug zur gesellschaftlichen Realität der Inseln verloren. Außerdem solle nach Ansicht Speights Präsident Mara zurücktreten. Er manipuliere das GCC sowie Kabinett und Behörden.

Heute will das GCC über die Forderung George Speights entscheiden. Er verlangt neben dem Rücktritt des Staatspräsidenten die Absetzung der gegenwärtigen Regierung sowie eine Stärkung der politischen Rechte der Eingeborenen. Möglicherweise sei die Krise bis dahin beigelegt, heißt es aus den Reihen des Councils.

Im Laufe der Nacht wurde ein Hintermann der Geiselnahme bekannt. Nach Berichten der Webpage fijilive.com steckt der 60-jährige ehemalige britische SAS-Soldat Oberst Ilisoni Ligairi hinter dem Coup. Er steht der Counter Revolutionary Warfare Unit auf Fidschi vor. Diese habe die sieben bewaffneten Komplizen Speights gestellt. Ligairi warnte die Regierung davor, gewaltsam gegen die Geiselnahme vorzugehen, da seine Truppe sonst eingreife. Der Oberst wurde unter der Regierung des Generals Sitiveni Rabuka eingesetzt. Ligiari gab an, Speight sei erst zwei Tage vor dem Coup von seiner Gruppe als Strohmann hinzugezogen worden. Man habe ihn wegen seiner ausgezeichneten Verhandlungsfähigkeiten ausgewählt.

Hintergrund der Geiselnahme sind ethnische Spannungen zwischen der indischen Bevölkerungsgruppe und eingeborenen Fidschianern. Die Inder waren unter britischer Kolonialherrschaft als Arbeitskräfte auf die Inseln geholt worden. Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1970 ringen Fidschianer und Inder um die politische Vormacht. Bis letztes Jahr sicherte die Regierung des Putschgenerals Sitiveni Rabuka den Fidschianern die politische Macht. Durch eine Verfassungsreform 1997, die die Ungerechtigkeiten bei der Sitzverteilung im Parlament abschaffte, gelangte vor einem Jahr mit Mahendra Chaudhry erstmals ein indischstämmiger Premier an die Spitze der Regierung. Die indisch dominierte Regierung gab der nationalistischen Taukei-Bewegung während des letzten Jahres großen Auftrieb. Die Bewegung veranlasste letzten Freitag die Unruhen und Plünderungen indischer Geschäfte in Suva, der Hauptstadt der Fidschis. Die indische Bevölkerungsgruppe besitzt große Teile des wirtschaftlichen Potenzials der Fidschis. Eingeborene gestehen den Indern weder Landrechte noch politische Macht zu. Den Indern wird vorgeworfen, sich nicht in die Inselgesellschaft zu integrieren. Die meisten Inder sind Muslime oder Hindus, während die Fidschianer mehrheitlich Christen sind.

Die EU sagte gestern die für den 8. Juni auf den Fidschis geplante Unterzeichnung eines neuen Handelsabkommen für 71 Staaten der Karibik, Afrikas und des Pazifiks auf Grund der politischen Unsicherheit ab. MB