Fast lächelnd

Bob Dylan bekam für seinen gemütlich gestimmten Auftritt in der Arena einen Pill-Box-Hut aus Leopardenfell

Ob es ihm wohl bewusst war, dass er seine Songs nur ein paar Meter von jenem Ort entfernt ins Mikrofon raunzte, an dem er vor dreizehn Jahren vor 100.000 Menschen seinen Auftritt beim so genannten FDJ-Friedenskonzert absolvierte? Glaubt man einem Konzertveranstalter, der einmal sagte, Bob Dylan habe keine Ahnung, ob er sich gerade in London, Mailand oder Gotha befinde, weil er ohnehin nie sein Hotelzimmer verlasse, wohl kaum. Eine vage Ahnung muss ihn dennoch durchflutet haben, wie hätte er sonst in unmittelbarer Nähe eines der letzten überlebenden Wachtürme des einstigen Todesstreifens eine so wuchtige Version von „All Along The Watchtower“ auf die Bühne der Arena zaubern können – ein Song, den er 1987 im Treptower Park wohlweislich nicht spielte. Hätte er es getan, wäre die Mauer wohl mit zweijähriger Verfrühung zu Bruch gegangen.

Es war ein freundlicher Dylan, der am Vorabend seines 59. Geburtstages in zwei Stunden 19 Songs aus einem reichhaltigen Repertoire zum Besten gab, darunter Standards wie „Blowin' In The Wind“ oder „Like A Rolling Stone“, aber auch jüngere Stücke von „Time Out Of Mind“ und ein faszinierendes „Tangled Up In Blue“. Ein gemütlich gestimmter Dylan geradezu, der mehrfach sein typisches Fast-Lächeln aufsetzte und hin und wieder sogar mit seinen gerade der Minderjährigkeit entwachsenen Begleitmusikern kommunizierte – eine dem Jungbrunnen entstiegene Kopie von The Band gewissermaßen. Kein Vergleich mit jenem Dylan, der 1987 seine aus der ganzen DDR angereisten Anbeter mit autistischer Kontaktarmut verprellte. Schließlich hatte der Meister der Mysterien schon frühzeitig beschlossen, es könnte seiner Stimme schaden, wenn er zu viel spricht.

Gesprochen hat er auch diesmal kaum, dafür schien sich Dylan noch nach 34 Jahren köstlich über seinen Text von „Leopard-Skin-Pill-Box Hat“ zu amüsieren. Als Belohnung bekam er genau einen solchen Hut auf die Bühne geworfen, aber ihn aufzuheben oder aufzusetzen, wäre doch ein bisschen zu viel der Jovialität gewesen. Schade eigentlich! Ein passenderes Geburtstagsgeschenk wird er so leicht nicht bekommen. MATTI LIESKE