Defense in Trouble

Nach dem Gewinn der Basketballmeisterschaft gegen Bayer Leverkusen denkt Alba Berlin über die Zukunft nach

BERLIN taz ■ Zu Beginn des drit-ten Finalspiels um die deutsche Meisterschaft schien es, als wollte Alba Berlin noch einmal geballt all das vorführen, was das Team zum Besten des hiesigen Basketballs macht. Leverkusen wurde kaum die Luft zum Atmen gegönnt, eine zermürbende Defense erstickte jeden Angriffsansatz. Vor allem Jörg Lütcke wirkte wie ein Wirbelsturm in den Bayer-Reihen, rasante Fastbreaks mit atemberaubenden Kombinationen und abschließenden Dunks brachten jene „einfachen Punkte“, die Coach Svetislav Pesic so sehr liebt. Nach wenigen Minuten stand es 17:2, ein weiteres Desaster für die in der Serie mit 0:2 zurückliegenden Leverkusener schien sich anzubahnen. Doch dann kam alles anders.

„Dieses Spiel war charakteristisch für die ganze Saison“, analysierte Pesic später, als sein Team doch noch einen 88:81-Sieg und die Meisterschaft eingefahren hatte, nachdem Bayer sich herangekämpft hatte und eine Minute vor Schluss sogar in Führung gegangen war. „Meister waren wir schon vor zehn Monaten“, sagte er, „aber das zu bestätigen, war nicht leicht.“ Am Ende wurden die Berliner zwar allen Vorschusslorbeeren gerecht und bewiesen in den Playoffs, wo sie nur eine einzige Niederlage in Hagen hinnehmen mussten, dass sie national nach wie vor konkurrenzlos sind, dennoch war es laut Pesic „eine sehr schwere Saison“. Herausragenden Vorstellungen wie bei den Siegen in der Europaliga gegen Panathinaikos Athen, Real Madrid oder den FC Barcelona folgten oft Einbrüche. Im verlorenen Pokalendspiel gegen Frankfurt zum Beispiel oder im Achtelfinale der Europaliga, wo die Mannschaft gegen Efes Istanbul chancenlos war und erneut das Final-Four-Turnier abschreiben musste. „Wir hatten nicht viele Ups and Downs“, resümierte Svetislav Pesic, „aber man kann nicht zehn Monate lang immer gut spielen, immer gewinnen.“ Wichtig sei nur, „wann das Down kommt“.

Der versöhnliche Saisonabschluss mit Meisterschaft und erneuter Qualifikation für die Europaliga kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für Pesic immer schwieriger wird, eine homogene Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu formen. Das permanente und erst kurz vor Saisonbeginn gelöste Spielmacherproblem verschärfte sich durch den Rauswurf des undisziplinierten Frankie King im Dezember, auch wenn dieser durch den NBA-Profi Terry Dehere kongenial ersetzt werden konnte. Unzufrieden war der Coach vor allem mit der Abwehrarbeit, in seinem System das Fundament, auf dem sich alles andere gründet. „Wir hatten die ganze Saison Probleme mit der Defense“, sagte Pesic, was sich im Finale besonders zeigte, wenn Leverkusens Coach Calvin Oldham seine kleinen Leute aufs Parkett schickte. „Okulaja kann gegen Leverkusen nicht spielen“, nannte der Alba-Trainer ein Beispiel, „Basketball hat sich entwickelt. Die Offense ist schneller geworden, unsere Defense nicht.“

Dinge, die behoben werden müssen, wenn Alba Berlin in der Europaliga, die in der nächsten Saison auf den obskuren Namen SuproLeague hört, mit seinem für Deutschland hohen, europaweit aber bescheidenen Etat von rund zehn Millionen Mark nicht nur bestehen, sondern um den Titel mitspielen will. Wie die künftige Mannschaft aussehen wird, ist ungewiss, vor allem der Spielmacherposten dürfte erneut zum Problem werden, da Terry Dehere unbedingt in die NBA zurück will. Ebenso ungewiss ist, ob Svetislav Pesic der Mann sein wird, der das Team betreut. Zu den acht Verträgen, die auslaufen, gehört auch der des Coaches. „Wir müssen analysieren, wo wir uns befinden und was wir wollen“, sagt der 50-Jährige. „Das betrifft auch den Trainerposten.“ MATTI LIESKE