stimme der kritik
: Betr.: Borderline-Aphorismen

Wer, verdammt, ist Ron Kritzfeld?

Lachen Sie nicht. Die Lage ist ernst. Jederzeit sollten Sie also darauf vorbereitet sein, Rede und Antwort stehen zu können, falls es „eng“ bzw. „brenzlig“ für Sie werden sollte. Nun ist es nicht jedem gegeben, eigene Gedanken prägnant zu formulieren, das sollte man vielleicht besser den Profis überlassen. Womit wir schon bei Ron Kritzfeld wären.

Oder doch noch nicht ganz. Aber immerhin schon bei Lothar Schmidt. Schmidt, Dr. jur. und Diplomvolkswirt, geboren 1922, ist Herausgeber zahlreicher Aphorismenbände, und blättern wir beispielsweise in seinem Werk „Das treffende Zitat zu Politik, Recht, Wirtschaft“, dann wissen wir auch, warum gerade er dafür geschaffen ist, das geschliffene Wort unter die Leute zu bringen: Schmidt selbst weiß auf alles einen Satz. Oder gleich mehrere. Siebenundsechzigmal zitiert Schmidt sich selbst, manchmal mehrmals auf ein und derselben Seite. Kant, Nietzsche, Hegel, Augustinus, Lothar Schmidt. Und immer wieder: Ron Kritzfeld.

„Die dümmsten Schafe sind besonders kurz angebunden“ (Ron Kritzfeld). „Führungskräften, die sich behaupten müssen, fehlt es an Kopf“ (Ron Kritzfeld). „Die Politik ist eine Art Intensivstation – sie hält uns dauernd in Atem“ (Ron Kritzfeld). Das sind kursive Wahrheiten, ewige, denken Sie mal darüber nach, Sie werden die Weisheit darin noch entdecken, vielleicht. Aber wer, verdammt, ist Ron Kritzfeld?

Sicher ist nur: Lothar Schmidt schätzt ihn sehr, mehr noch als sich selbst. Hundertzehnmal hat er Kritzfelds Äußerungen im erwähnten Band für zitierenswert gehalten. Im Autorenverzeichnis erfahren wir nur, dass der Name ein Pseudonym ist, dass der Mann 1921 geboren wurde und „dt. Chemiekaufmann“ ist. Im Quellenverzeichnis immerhin ein weiterer Hinweis: Es gibt ein ganzes Buch voll mit Kritzfeld: Kritzfeld, Ron, „Aphorismen und aphoristische Definitionen“. Herausgeber: Lothar Schmidt. Die Suche nach Kritzfeld im Internet bleibt erfolglos. Nur im PM Magazin taucht Kritzfeld noch einmal auf.

Lothar Schmidt allein kennt den weisen Ron. Wahrscheinlich hat er ihn erfunden. Schmidt ist Kritzfeld ist Schmidt. Warum nur? Weil er noch Seiten füllen musste? Aus Kummer? Fragen wir den Meister selbst: „Der Mensch hat viele Bedürfnisse. Das Geltungsbedürfnis steht obenan“ (Lothar Schmidt). STEFAN KUZMANY