Soundcheck

Heute: SoulJazz-Soundsys-tem (feat. Basso Profundo). Einen so guten Namen hatte Rare Groove schon lange nicht mehr wie zur Zeit: Drum'n'Bass klingt wie der Jazz-Funk einer vergangenen Ära, House-Musiker von Masters At Work bis zum angesagten People-Label durchfors-ten ihre Plattensammlungen nach Afro- und Latin-Beats, während Hip-Hopper wie Common oder D'Angelo sich vom Soul der frühen 70er Jahre inspirieren lassen. Maßgeblichen Einfluss auf die Rehabilitierung alter Musik hatten in England auch die Macher des SoulJazz-Labels. Ihre Idee von Rare Groove hat sich nicht hinter einem zur Kaffeehausfloskel mutierten Acid-Jazz-Retro-Sound verschanzt, sondern setzt ganz an dem Anfang an, gegen den niemand etwas haben kann: bei der Suche nach „raren“ Grooves, die in der Musikgeschichte vielleicht verloren gegangen, aber Teil dessen sind, was der Trompeter Lester Bowie als Teil der Great Black Music: Ancient to the Future-Tradition bezeichnet hätte.

Ensprechend eklektizistisch kommt auch die Label-Philosophie des 1988 über dem legendären Dingswall als Plattenladen gedründeten Outlets daher. Jenseits vom Northern-Soul-Stalinismus der Modszene haben die Macher liebevoll wiederveröffentlicht, was sie interessiert. Und das reicht von den Nu Yorica-Samplern, die die experimentierfreudige Latin-Szene New Yorks der 70er Jahre dem Vergessen entrissen haben, bis zum radikalisierten Free-Jazz zwischen Sun Ra und Art Ensemble Of Chicago oder Independent-Labeln wie Strata East und Black Jazz Records. Dazwischen: Funk, karibische Folklore, Disco, Reggae, auf ihrer neusten Veröffentlichung (ESG: A South Bronx Story) gar No-Wave-Disco-Punk aus den frühen 80ern. Und auf allen finden sich ausführliche Liner-Notes, die stets darum bemüht sind, die sozialen und politischen Verhältnisse zu erklären, aus denen diese Musiken entstanden. Für die Tour haben die SoulJazz-Macher mehrere Kistchen gepackt. Musikalisch ist also alles drin. Nur vom Platz her leider nicht: Statt wie angekündigt in der Flora hält der Soultrain nun in der Meanie Bar. tob

Meanie Bar, 21 Uhr