Tod per Kopfschuss vor der Haustür

Nach dem Mord an Goran Žugić, Sicherheitsberater und enger Vertrauter des montenegrinischen Präsidenten, befürchten die Menschen in Podgorica jetzt weitere Anschläge. Die ohnehin angespannten Beziehungen zu Serbien werden weiter belastet

aus Belgrad ANDREJ IVANJI

Mittwochnacht wurde in Podgorica Goran Žugić, der persönliche Berater für nationale Sicherheit des montenegrinischen Präsidenten, Milo Djukanović, erschossen. Ein bisher unbekannter Täter lauerte Zugić vor seinem Haus auf, schoss ihm aus unmittelbarer Nähe in den Kopf und verschwand. Die montenegrinische Polizei verkündete, die Untersuchung sei im Gange. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der oder die Täter keine Spuren hinterlassen haben.

In der kleinen Adriarepublik herrscht Bestürzung. Nach Dutzenden ähnlicher Morde in Serbien sei dies der „erste politische Attentat“ in Montenegro, schreibt die montenegrinische Tageszeitung Vijesti. Die Liquidierung trage die „gleiche Handschrift“ wie die Attentate in Serbien, das Opfer sei einer der engsten Vertrauten Djukanović’ gewesen. Wer immer der Auftraggeber sei, ab jetzt würde sich wohl auch in Montenegro niemand mehr sicher fühlen können. Für politisch unerwünschte und bedrohte Menschen in Serbien sei Montenegro bisher ein sicherer Zufluchtsort gewesen.

Žugić, 39, war seit 1998 für die nationale Sicherheit Montenegros zuständig und hatte den Rang eines Polizeiministers. Er war der Öffentlichkeit kaum bekannt, war jedoch einer der wichtigsten Funktionäre des montenegrinischen Staatssicherheitsdienstes. Davor war er leitender Sicherheitsbeamter für Podgorica und Herceg Novi. In beiden Städten sollen am 11. Juni Kommunalwahlen stattfinden.

Diesen Wahlen wird in Montenegro „schicksalhafte“ Bedeutung beigemessen. Für die aus Belgrad geleitete „Sozialistische Volkspartei“ (SNP) unter Momir Bulatović, dem jugoslawischen Premier von Milošević’ Gnaden, ist das wohl die letzte Chance, die Koalition von Djukanović zu bedrohen und den Einfluss des jugoslawischen Präsidenten, Slobodan Milošević, in Montenegro zu erweitern. Das Ergebnis der Wahlen, bei denen ein Drittel der Montenegriner zur Abstimmung aufgerufen ist, wird neue Richtlinien in der montenegrinischen Politik setzen. Sollte die SNP gut abschneiden, ist mit einem noch aggresiveren Auftreten Belgrads gegen Djukanović zu rechnen.

Seit Jahren existiert die Bundesrepublik Jugoslawien nur auf dem Papier, Montenegro hat sich de facto von Serbien gelöst und strebt die formale Selbstständigkeit an. Vergebens hat Belgrad versucht, Djukanović in die Knie zu zwingen, durch von der SNP organisierte, teilweise gewalttätige Massenproteste, ein Embargo sowie permanentes Säbelrasseln der in Montenegro stationierten jugoslawischen Armee. In Podgorica befürchtet man, dass das Attentat auf Žugić der Beginn einer Mordserie in Montenegro sein könnte. Die feindseligen Beziehungen zwischen Serbien und Montengro sind jedenfalls angespannter denn je.