Im Bauch der Maxim Gorkiy

■ Hochbetrieb an der Columbus-Kaje in Bremerhaven: Gestern mussten gleich drei Kreuzfahrt-Schiffe zugleich mit neuem Proviant – etwa 35.000 Eier – versorgt werden

Kohlköpfe, weiße und rote, dutzendfach. Sie lagern auf einer Palette, die ein Lkw am Mittwochvormittag zur Bremerhavener Columbus-Kaje gebracht hat. „Gorky“ hat jemand in ungelenken Buchstaben auf ein Stück Pappe geschrieben. Der Kohl soll nach Norwegen. Im Bauch der Maxim Gorkiy.

Die hat eben am Anleger des Bremerhavener Kreuzfahrt-Terminals festgemacht: 28.000 Bruttoregistertonnen schwer, strahlend weiß, mit einem großen roten Stern auf dem Bug. An Bord um die 400 Passagiere, die von einer 14-tägigen Nordlandtour heimkehren. Das russische Schiff, das von einem Bonner Reiseveranstalter auf See geschickt wird, war einer von drei Kreuzfahrern, die gestern Vormittag in Bremerhaven anlegten. Um gegen Abend mit neuen Gästen, jeder Menge Dieselöl und frischem Proviant wieder abzulegen.

Ein harter Tag für den Terminalbetreiber, die Columbus Crew Center GmbH, und die Stauer unten an der Kaje: Nur ein- bis zweimal im Jahr gibt es einen derartigen Betrieb an der Kaje. Eine Art Super-Gau für die Männer, die das Schiff in Eiltempo für die nächste Fahrt ausrüsten. Die Unternehmen, die die Maxim Gorkiy, die Astor und die Albatros betreiben, sind die Hauptkunden des Terminals. Schiefgehen darf nichts beim „Proviantgang“, der beginnt, bevor die ersten Passagiere von Bord sind.

Als Männer von der „Festma“ die Gorkiy zwischen den beiden anderen Schiffen vertäuen, ist auf der Kaje schon ordentlich Betrieb: Ein Traktor hat drei Tonnen Kartoffeln an die Weser gezogen, ein Lkw wartet mit einer Ladung Steinwolle für Isolierungsarbeiten, Gabelstapler wackeln durchs Gelände.

Auf der Ladefläche eines 7,5-Tonners lastet ein Elektromotor, groß wie ein Bierfass und „frisch gewickelt“, wie der Fahrer erläutert. Daneben: ein 40-Tonner vom Großmarkt mit Gemüse, Gemüse, Gemüse. Ein Bulli vom „Garten Center Wassenaar“ bringt Rosen.

Während die Blumen über die Personal-Gangway in der Gorkiy verschwinden, müht sich draußen ein Kranführer mit der essbaren Ladung ab. Er muss den Proviantkorb, einen sperrigen Käfig aus Metall, immer wieder vor eine Pforte knapp über der Wasserlinie dirigieren. So um die 30 bis 80 Tonnen „Proviant“ aller Art kommen bei einer solchen Aktion durchschnittlich an Bord, so Jörg Richter vom Stauereibetrieb Rhenus Midgard, der die Arbeiten erledigt. Insgesamt 18 Arbeiter ent- und beladen das Schiff.

Jenseits der Proviantpforte sitzt derweil Peter Schlag und beugt sich über seine „loading list“. Der 22jährige Österreicher – weißer Overall, Schirmmütze – ist Koch und als „master“ für ordentlich gefüllte Kühl- und Lagerräume verantwortlich. Seine Kammer liegt tief im Bauch der Gorkiy: auf der zweiten von insgesamt elf Stockwerken. Unter der Wasserlinie. Schlag mag gern Kawasakis und hört entspannten Techno.

Seine „lists“ – es gibt noch eine zweite über die bestehenden Vorräte – kennt er nahezu auswendig. Zum Beispiel seien sechs verschiedene Sorten Wodka an Bord, insgesamt 500 Liter, „das ist ein Russenschiff“. Noch ein paar Zahlen: Schlag ist Herr über 35.000 Eier, gallonenweise Maggi und Champagner, 1000 Kilo frischen Schweinenacken. Schließlich gibt es auf der Gorkiy drei Restaurants und Platz für maximal 600 Passagiere. Und: Allein 2.157 Flaschen Bier hat die 350 Köpfe zählende Mannschaft auf der letzten Reise genossen. Viel Platz im großen Bauch der Gorkiy. hase