: Hochkomische Heike-Haikus
Schluss mit den Reimen: der neue große Wahrheit-Wettbewerb für lyrische Leser
Die nervenaufreibende Debatte um das ungelöste Heike-Problem droht zu eskalieren. Die Versuche, sich einen Reim auf Heike zu machen, nehmen immer skrupellosere Formen an, wie zuletzt im nebenstehenden Gedicht von Martin Nusch. Um schlimmere Auswüchse zu verhindern, hat sich die Wahrheit-Redaktion entschlossen, dem gewaltsamen Missbrauch der zarten Spezie Heike-Reim ein für alle Mal Einhalt zu gebieten. Um jedoch Heikes Recht auf eine lyrische Annäherung nicht zu beschneiden, haben die Redakteure einen weisen Weg gefunden: Heike darf nur noch in Form von Haikus besungen werden.
Ein Haiku lässt sich schwer beschreiben, wie man zum Beispiel auf der Internet-Seite www.haiku-plus.de lernen kann: „Seine drei Zeilen verhindern ganz von selbst, große und lange Worte darüber zu verfassen. In seiner konkreten Knappheit macht das Haiku aufgeblasene Erklärungen lächerlich. Das Haiku führt den Leser über die ersten beiden Zeilen so weit, dass er bereit für die letzte ist – die ihn blitzartig in die Wirklichkeit führt. Damit erreicht es eine Tiefe, die mit einfachen Worten nicht zu erreichen ist.“ Kurz gesagt, ein Haiku ist so ziemlich das Verschnarchteste, was die Lyrik zu bieten hat.
Aber wie funktioniert ein Haiku? „Im japanischen Original besteht ein Haiku aus drei Zeilen, insgesamt maximal 17 Silben – etwa das Maß eines Atemzuges. Die Silbenaufteilung ist fünf-sieben-fünf. Reime spielen keine Rolle.“ Inhaltlich sollte eine versteckte Anspielung auf eine Jahreszeit vorhanden sein. Voraussetzung für das Gelingen eines Haikus ist nach gültiger Lehre eine sechsstündige Meditation.
Demnach lautet ein fast astreines Haiku im Internet:
Vogelgezwitscher / in der U-Bahn-Station? / Ach nein, die Rolltreppe quietscht.
Wie sich an diesem Gähn-Beispiel schnell zeigt, fehlt dem klassischen Haiku nicht nur jede Anspielung auf Heike, sondern auch jedwede Komik. Aber wozu gibt es denn Die Wahrheit? Nach einer sechsstündigen Meditation mit lauten Manta, äh ... Mantra-Gesängen brachten es die Redakteure immerhin zu einem einzigen wahrhaft guten Wahrheit-Heike-Haiku:
In Heike-Haikus / wächst auch ohne Reim der Keim: / Die hohe Komik
Allerdings waren die ausgelaugten Redakteure mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden. Na ja, das Wahrheit-Heike-Haiku ist ja auch nicht so komisch ... Aber wozu gibt es denn die Leser?Deshalb sind jetzt alle Wahrheit-Leser aufgerufen, sich am neuen großen Wahrheit-Lyrik-Wettbewerb zu beteiligen. Bis zum 15. Juni 2000 dürfen Leser sechs Stunden täglich meditieren und danach – frei von Ehrgeiz oder Gewinnsucht, denn auch das Haiku drängt nicht nach Größe oder Erhabenheit – formal einwandfreie und hochkomische Heike-Haikus per Postkarte an Die Wahrheit (taz – die tageszeitung, Kochstr. 18, 10969 Berlin) schicken.
Die drei komischsten Heike-Haikus werden auf der Wahrheit gedruckt, zudem gibt es wie immer Superpreise zu gewinnen:
1. Preis: eine Tom-Tasse und ein schönes Haiku-Buch;
2. Preis: eine Tom-Tasse;
3. Preis: ein schönes Buch eines schönen Wahrheit-Autors.
Auf, Leser! Dichten, dichten, dichten und immer an die Heike denken! COST
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