Krieg geht weiter, Verhandlungen stecken fest

Äthiopien und Eritrea bekämpfen sich nicht nur, sie reden auch miteinander. Bei den Verhandlungen kommt allerdings weniger heraus als beim Krieg

ASMARA taz ■ Während die Kämpfe zwischen Äthiopien und Eritrea weitergehen, stecken die seit zehn Tagen andauernden indirekten Friedensverhandlungen zwischen beiden Ländern in Algier fest. Bisher wurde vor allem darüber geredet, über was man überhaupt reden soll. Und das gehe nur sehr zäh vonstatten, heißt es bei diplomatischen Vertretungen in Asmara. Die einzige positive Nachricht ist bisher, dass einige Beobachter ihren Aufenthalt bis Freitag verlängert haben, so dass die Verhandlungen wohl nicht vorher abgebrochen werden.

Die Voraussetzungen für einen Erfolg sind denkbar ungünstig. Im Westen und Osten Eritreas wird gekämpft, an der zentralen Front gab es Artilleriegefechte. Gestern erklärte Äthiopiens Regierung, den eritreischen Gegner „zerschlagen“ zu haben. Und je mehr Erfolge Äthiopien erzielt, desto höher setzt es die eigenen Ziele bei den Gesprächen und damit die Hürden für eine Einigung.

Eigentlich geht es darum, sich über die Umsetzung des seit November 1998 vorliegenden Friedensplanes der Organisation Afrikanischer Einheit (OAU) zu einigen. Darin ist der Rückzug beider Länder zu den Vorkriegsgrenzen vorgesehen; dann untersucht eine internationale Kommission den Grenzstreit. Äthiopien lehnt die technischen Modalitäten dieses Plans ab, weil er nicht in allen umstrittenen Gebieten die äthiopische Verwaltung wiederherstelle. Nun kontrolliert Äthiopien diese Gebiete und einen beträchtlichen Teil unbestritten eritreischen Territoriums sowieso und hat auf einmal neue Forderungen. So forderte Äthiopiens Ministerpräsident Meles Zenawi letzte Woche militärische Sicherheitszonen, internationale Militärbeobachter und eine förmliche Vereinbarung über einen Waffenstillstand vor einem Rückzug aus den besetzten eritreischen Gebieten.

Die algerischen OAU-Vermittler und Eritrea sind Äthiopien in Algier nun ein Stück entgegengekommen. Es heißt, man habe die Gespräche zweigeteilt: Zuerst werde über die Bedingungen des Waffenstillstands und des Abzuges geredet, erst dann über die Demarkierung der Grenze.

Was Äthiopien damit beabsichtigt, ist nicht ganz klar, denn seine militärische Strategie erscheint widersprüchlich. Auf der einen Seite erklärt Meles Zenawi, der Krieg sei zu Ende, auf der anderen Seite gehen die Kämpfe ununterbrochen weiter. Immer wieder kommen Gerüchte von Spannungen zwischen Meles Zenawi und Hardlinern in Regierungspartei und Armee auf, die ihm Nachgiebigkeit vorwerfen.

Die Repräsentanten der USA und der EU, Anthony Lake und Rino Serri, sind in Algier zum Zuschauen verurteilt. Der Westen hat sich bisher zumeist auf Appelle an den Friedenswillen beider Seiten beschränkt – teils aus mangelndem Interesse, teils aus Furcht, die äthiopische Regierung zu schwächen. Der US-Botschafter bei der UNO, Richard Holbrooke, gestand in Eritrea Anfang Mai gegenüber Diplomaten ein, dass der Konflikt schnell hätte gelöst werden können, wenn der Westen gleich zu Beginn festen Druck auf beide Seiten ausgeübt hätte. PETER BÖHM