: Schmutzgeschäft mit drei Streifen
Kampagne „Saubere Kleidung“: Die Arbeitsbedingungen in den Textilzulieferfirmen Südostasiens und Mittelamerikas sind weiterhin schlecht. Salvadorianerin sprach mit Arbeiterinnen in den „Sweat-Shops“, die für adidas produzieren
von MAIKE RADEMAKER
Fußballtrikots und Schuhe von adidas und Nike werden weiterhin unter unzumutbaren Bedingungen hergestellt. Immer noch sind ArbeiterInnen in den „Sweat-Shops“ genannten Zulieferfirmen in Mittelamerika und Indonesien unterbezahlt oder arbeiten Kinder ebenso hart wie Erwachsene. Darauf weist die Kampagne „Saubere Kleidung“ anlässlich der Fußball-EM hin. Die Kampagne, bestehend aus Organisationen aus Kirchen- und Gewerkschaftskreisen, setzt sich seit zwei Jahren für Verbesserungen in den Firmen ein.
Die von „Saubere Kleidung“ angegriffene Sportartikelfirma adidas -Salomon AG mit der Zentrale in Herzogenaurach ist mit 1,5 Milliarden Mark Umsatz im Jahr die Nummer eins in Deutschland. Deutschland ist ein hoch attraktiver Markt – der drittgrößte der Welt – und ein ausgesprochen markenbewusster dazu. Kein Wunder, dass man in Herzogenaurach empfindlich auf die Kritik reagiert. Schon zu Beginn der „Saubere Kleidung“-Kampagne 1998 entwarf das Unternehmen einen eigenen Verhaltenskodex und stellte einen Direktor für Sozial- und Umweltfragen ein. Nach dem eigenen Kodex sollen Minderjährige angemessene Verträge bekommen, faire Löhne gezahlt werden – in Orientierung an den Mindestlöhnen des Landes – und Kinderarbeit ausgeschlossen werden. Doch noch hapert es offensichtlich an der Umsetzung.
Sonja Lara aus El Salavador arbeitete 1999 in zwei Zulieferfabriken für Sportbekleidung und wurde beide Male gekündigt, weil sie sich für die Gründung einer Gewerkschaft einsetzte.
Als sie danach ArbeiterInnen bei anderen adidas-Zulieferern befragte, ergab sich ein ähnliches Bild: „Sie müssen immer noch Pflichtüberstunden machen, manchmal die ganze Nacht. Frauen müssen zwei Wochen nach Arbeitsantritt einen Schwangerschaftstest machen – ist der positiv, fliegen sie raus“ , berichtete sie.
Der Kontrollgruppe aus den USA, die die Einhaltung des von adidas aufgestellten Verhaltenskodex überprüfen soll, wird laut Lara eine heile Welt präsentiert: „Es ist bekannt, wann die kommen. Dann wird geputzt, und es gibt Seife und Klopapier im Bad. Wer gefragt wird, muss erzählen, dass er nur 30 und nicht 80 Dutzend Hemden am Tag näht – damit die Kontrolleure nicht an der Qualität zweifeln.“
Adidas-Sprecher Frank Henke bestätigt zwar, dass die Kontrollgruppe angekündigt wird – das sei aber überall üblich. Die anderen Vorwürfe weist er zurück. „Es gibt keine Schwangerschaftstests – es sei denn, sie sind in dem Land Pflicht, um eine entsprechende medizinische Betreuung zu gewährleisten“, sagte er der taz. Bezahlt würde der „branchenübliche Industrielohn“, und „in einer Vielzahl von Fällen“ würden zusätzliche Leistungen erbracht wie „freies Wohnen und freie Kost“. Dass die Löhne kaum für die Existenz ausreichen, ist ihm bekannt: „Wir diskutieren zur Zeit, was ein fairer Lohn ist.“
Dass Druck Erfolg bringen kann, zeigte sich bei einer anderen Fabrik in El Salvador, die für die in den USA bekannte Marke Liz Cairborn produziert. Dort seien laut Lara 38 Arbeiter wegen gewerkschaftlichen Engagements entlassen worden; Proteste aus den USA bewirkten nicht nur, dass alle wieder eingestellt wurden, sondern auch der Lohnausfall beglichen wurde.
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