Die neue Rente kommt – sicher

Heute treffen sich die Parteichefs mit Kanzler Schröder zum Rentengipfel. Sozialminister Riester: Die Rentenreform soll kommen, auch ohne die CDU/CSU

Aus BerlinBARBARA DRIBBUSCH

Mit Fallbeispielen tat sich das Riester-Ministerium bisher schwer. Doch heute, Dienstag, ist der große Tag: Da will der Minister ein paar waschechte Fallbeispiele zur Frage liefern, welche Rente denn Normalverdiener so zu erwarten haben, wenn die neue Rentenformel kommt. Die Fallbeispiele sind dringend nötig, der Rentenstreit geht in die heiße Phase: Heute trifft sich Bundeskanzler Schröder mit den Parteichefs zum Rentengipfel.

Die entscheidende Frage des Rentengipfels lautet: Kommt das neue Rentengesetz mit oder ohne Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion? Sozialminister Walter Riester (SPD) hatte vorsichtshalber angekündigt, die neuen Rentenentwürfe im Zweifelsfall auch ohne die Zustimmung der Opposition durchzusetzen. Der größte Teil des Gesetzes ist nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat, könnte also von der Opposition auch nicht gekippt werden.

CSU-Rentenexperte Horst Seehofer ließ daher im Vorfeld des Rentengipfels schon mal die Muskeln spielen. Ohne Zugeständnisse der rot-grünen Regierungskoalition sei „Schluss“ mit den gemeinsamen Rentengesprächen. CDU-Vizeparteichef Christian Wulff wetterte, bei einem Alleingang der Regierung werde die Union „die größte Mobilisierung seit dem Nato-Doppelbeschluss einleiten“.

Die laut vorgetragene Empörung der CDU/CSU-Fraktion ist verständlich: Mit einer Zustimmung zu den Riester-Entwürfen lässt sich bei den Wählern kein Blumentopf gewinnen. Denn nach den Riester-Vorschlägen gibt es künftig immer weniger Geld aus den gesetzlichen Rentenkassen.

Laut Riester soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2020 unter 20 Prozent gehalten werden. Danach steigen die Beiträge bis zum Jahre 2030 auf 22 Prozent. Gleichzeitig jedoch sinken die gesetzlichen Renten aufgrund einer neuen Nettolohnberechnung und eines Ausgleichsfaktors, der von Jahr zu Jahr stärker zu Buche schlägt (siehe unten).

Wichtiger Teil des Riester-Entwurfs ist daher die private Vorsorge, vulgo Sparen. Die Beschäftigten sollen freiwillig 4 Prozent vom Bruttoeinkommen abzweigen und in eine private Rentenversicherung einzahlen, die später eine lebenslange monatliche Zusatzrente garantiert.

Die freiwilligen Zahlungen sollen im kommenden Jahr mit einem Satz von 0,5 Prozent des Einkommens beginnen und dann bis 2008 auf 4 Prozent steigen. Versicherte bis zu einem Jahreseinkommen von 35.000 Mark (Verheiratete: 70.000 Mark) sollen für die Hälfte ihrer Beiträge Zuschüsse erhalten, maximal aber 400 Mark im Jahr.

Die CDU/CSU-Fraktion fordert zusätzlich zu Riesters Konzept noch einen Zuschuss von 30 Mark im Monat pro Kind für die private Vorsorge von Familien. Außerdem müssten die Beiträge zu einer privaten Rentenversicherung steuerfrei gestellt werden. Finanzminister Eichel (SPD) lehnte diese Vorschläge zunächst ab, weil sie nicht finanzierbar seien. Wie es in Koalitionskrei- sen hieß, werde man sich aber möglicherweise doch einigen, die privaten Rentenbeiträge schrittweise von der Steuer zu befreien.

Aber auch wenn die Beiträge zur privaten Rentenversicherung von der Steuer abgezogen werden können, ist das nur ein kleiner Trost für die Rentenkürzungen der künftigen Ruheständler. Die Mehrheit legt ohnehin schon privat Geld fürs Alter zurück. Kommt das neue Gesetz, werden viele einfach statt Lebensversicherungen private Rentenversicherungen abschließen und die Beiträge dazu von der Steuer absetzen.

Wer aber wenig Geld zum Sparen hat, kann jetzt auch nicht mehr auf eine Grundrente setzen. Die ist vom Tisch. Künftige Rentner, deren Ruhestandsgelder unter dem Sozialhilfeniveau liegen, sollen weiter „Stütze“ beantragen müssen. Allerdings plant die Koalition, für diese aufstockende Sozialhilfe dann nicht mehr die Kinder als mögliche Unterhaltsverpflichtete heranzuziehen.