haider spielen bis zur letzten konsquenz

Asylbewerber-Leben 24 Stunden live auf Sendung

Die Spielregeln sind einfach: Zwölf Asylbewerber wohnen für eine Woche in der Containerburg neben der Wiener Staatsoper. Ihre Konterfeis prangen, mit Telefonnummern bekleidet, auf dem Bretterzaun, der die Anlage gegen Blicke schirmt. Täglich kann Frau/Herr Österreicher diese Nummern anwählen und den meistverachteten Ausländer küren – Nigerianer oder Iraner, Chinesin oder die Frau aus Albanien. Auch über das Internet, wo Webfreetv über sechs Kameras im Innern der Container sechs Tage lang 24 Stunden live sendet, kann abgestimmt werden. Am Abend müssen dann je zwei Abgewählte den Container verlassen – sie werden abgeschoben. Dem Sieger jedoch winkt eine stattliche Geldsumme und eventuell – so sich Kandidaten finden – eine Heirat ins Wunschheimatland.

Seit zwei Tagen flattern die blauen Fahnen der FPÖ vom Dach der schlingensiefschen Installation, prangt weit sichtbar das Spruchband „Ausländer raus“ auf dem Dach, hängt das Logo der gerne hassenden, viel gehassten Kronenzeitung an der Wand, und Bandaufnahmen mit Reden Jörg Haiders hallen über den Platz. Touristen drängeln sich vor den Sehschlitzen, die auf Bauchnabelhöhe Einblick ins Asylanten-Dasein geben, Österreicher debattieren, das deutsche Fernsehn filmt. Auf dem Dach steht hin und wieder der Hausherr, greift zum Megafon: „Liebe Touristen, schießen Sie Ihre Fotos. Schicken Sie sie hinaus in die Welt. Zeigen Sie den Leuten da draußen das wahre Österreich.“ „Wir sind alle Schauspieler, wir spielen Haider bis zur letzten Konsequenz.“ Während auf dem Platz Gelassenheit herrscht, schäumen die Medien über die Frechheiten des „Kunst-Bubis“. Nur aus der FPÖ-Zentrale waren noch keine Reaktionen zu erfahren. Sie sind jedoch zu erwarten: Bis jetzt erfüllen alle mit Inbrunst ihr Rollenvorgaben in Christoph Schlingensiefs bestechend klarem Spiel über das Land im Herzen Europas. CORNELIA NIEDERMEIER