Filmstarts à la carte: Nix zu lachen
■ Was man sonst bestenfalls als triste Sozialstudie kennt, gestaltet Regisseurin Maren- Kea Freese in „Zoe“ als Ode an Individualismus, Freiheit und auch ein wenig Lebensfreude: das Leben einer Figur, die sich ohne feste Bleibe, Beziehung oder Arbeit mit ein paar in Plastiktüten verstauten Habseligkeiten durchs Leben in Berlin schlägt. Dabei hat Zoe eigentlich nicht allzu viel zu lachen: Ihre Gelegenheitsjobs als DJ in der Disco sind ein Flop, die Bekannten, bei denen sie sich meist ungefragt einnistet, nutzen sie aus oder schmeißen sie raus, und auch ihre erotischen Begegnungen enden eher desaströs. Wunderbar ist da beispielsweise jene Szene, in der Zoes Lover sich beim Vorspiel plötzlich mit der Frage konfrontiert sieht, ob er denn wohl wisse, wo Wattenscheid liegt. Ganz wunderbar ist auch die Zoe- Darstellerin Kirsten Hartung, die dem verlorenen Mädchen in diesem lakonisch inszenierten Film mit einem bezaubernden Lächeln immer neue trotzige, anarchische oder wütende Seiten abgewinnt. Denn stets geht es in ihrem Leben irgendwie weiter: an einem anderen Ort, mit anderen Leuten.
„Zoe“ 15.6.-21.6. im Filmrauschpalast; 17.6. im Arsenal 1
■ Er war der König des Tangos: Carlos Gardel, ein Spanier, der in dem 1935 von John Reinhardt inszenierten Film „Tango Bar“, einen bankrotten argentinischen Lebemann spielt, den es per Schiff nach Europa zieht. Ganz richtig hat er die Marktlücke erkannt: eine Bar, in der das Publikum seine traurigen lateinamerikanischen Weisen um den Verlust von Liebe, Heimat und Jugend mit einhelliger Begeisterung aufnehmen wird. Da gerät der melodramatische Krimiplot dann schnell zur Nebensache und die Melancholie regiert.
„Tango Bar“ 17.6.-19.6. im Balázs
■ Immer wieder erstaunlich erscheint dem Betrachter die Mühe, die man sich früher vor allem in Hollywoodfilmen mit der Erschaffung perfekter Illusionen machte - nur um diese dann mit unglaublich miserablen Rückprojektionen sofort aufs Spiel zu setzen. Dass sich etwa der Star eines Film tatsächlich hinter das Lenkrad eines ganz realen Autos klemmte, wurde erst in den späten sechziger Jahren zum Normalfall. Die wohl schönsten Autofahrten der Filmgeschichte finden sich in einem britischen Klassiker, der gerade mit neuen Kopien wieder ins Kino gekommen ist: Michelangelo Antonionis „Blow Up“, in dem David Hemmings als hipper Modefotograf mit seinem offenen Bentley durch die Straßen des Swinging London rollt. Natürlich geht es nicht nur ums Auto fahren: Die Geschichte um die grobkörnige Vergrößerung eines Fotos, das vielleicht einen Mord zeigt, wird für den Fotografen wie für den Zuschauer zum Vexierbild, in dem sich Realität und Fantasie bald nicht mehr unterscheiden lassen.
„Blow Up“ (OmU) 15.6., 18.6.- 21.6. im Blow Up 1; 16.6.- 17.6. im Blow Up 2; 15.6.- 21.6. im Eiszeit 2
■ Sind in „Blow Up“ wenigstens die Straßen, Parks und Gebäude Londons garantiert echt, so ist der Großstadtrummel in Joe Mays Stummfilm „Asphalt“ ausschließlich Studiokulisse. Im UFA-Studio Tempelhof baute Architekt Erich Kettelhut ganze Straßenzüge mit glitzernden Autosalons und Läden, in deren Schaufenster Models Strumpfhosen vorführen, derweil Hans Albers in einer kleinen Nebenrolle als Taschendieb die Schaulustigen um ihre Brieftaschen erleichtert. Da kann auch der Schupo (Gustav Fröhlich) nicht helfen, denn der souveräne Dirigent des hektischen Gewimmels aus Menschen und Autos verstrickt sich selbst in unlautere Machenschaften, als ihn die Liebe zu einer elegante Trickdiebin (Betty Amann) ereilt.
„Asphalt“ 17.6. im Arsenal 1
Lars Penning
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