Doggie Bags und Studentenblumen

■ Die Initiative Blitz-Blank-Buntentor bepflanzt die Neustadtstraßen, entfernt Hundehaufen und hofft auf feste Jobs / 15 Arbeitslose wandeln als gute Heinzelmännchen durch die Neustadt

Um jeden Baum ein Blumenbeet, Hundekot immer in Tütchen, lachende Menschen allerorten – träum' weiter, schon klar. Aber ein bisschen, ein klitzekleines bisschen davon ist Realität im Buntentorviertel. Die Frauen und Männer von Blitz-Blank-Buntentor sorgen dafür. Und an manchen Tagen, wenn die Sonne scheint, wenn die Luft ganz leicht ist und das Leben auch, an solchen Tagen, da lachen tatsächlich alle Menschen, denen die Blitz-BlankerInnen begegnen. Noch vor einem Jahr waren sie 18. Jetzt sind es noch 15 Arbeitslose, die per ABM oder per Maßnahmen des Bundessozialhilfegesetzes die Straßen im Buntentorviertel fegen und bepflanzen, schwarze Plastiksäckchen namens „Doggie Bags“ für die Exkremente der lieben Vierbeiner auslegen und dazu passende Metalleimerchen an Verkehrsschilder klemmen. Oder alten Leuten mal einen Schrank die Treppe runterhieven. Ein paar Rollen Teppich entsorgen. Kurz: überall da zupa-cken, wo's nötig ist. Die Beschäftigungsinitiative war Idee des SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Jürgen Maly, existiert seit zwei Jahren, kostet inzwischen 750.000 Mark jährlich und wird finanziert vom Arbeitsamt, der Werkstatt Bremen und dem Senatsressort Arbeit und Soziales. Mit Stadtgrün – zuständig fürs Bepflanzen – und mit der Ent-sorgung Nord (Eno) – zuständig fürs Fegen – sei man auf bestem Fuße, sagt Projektleiter Bernd Dreyer.

Gellertstraße. Eine Lücke zwischen den Fahrzeugen, dazwischen Glasscherben. Holzsplitter, Drähte, ein blauer Plastikdeckel liegen auf der Straße. Egon Dziadek fegt, Splitter zu Scherben zu Drähten, ein Häufchen kommt zusammen, darunter die Straße gewohnt glattgrau. Das macht zufrieden. Die, die zugucken, und die, die dort wohnen und offenbar auch Egon Dziadek. „Besser als Arbeitslosengeld“, sagt er, „mir macht's wirklich Spaß.“

In der nächsten Woche lädt der Mann vom Gemüseladen Korn-/ Ecke Yorkstraße die ganze Mannschaft zum Frühstück ein. Weil er das Gemüsebeet vor seinem Laden so schön findet: Rote Beete, Kohlrabi, Sellerie oder Zierkürbis, dazu die gedruckte Bitte, die lieben Köterchen doch fernzuhalten von so viel Natur am Straßenrand.

„Die alten Leute finden das ganz toll“, erzählt Blitz-Blankfrau Susi, „den Jüngeren ist es egal, und den Hundebesitzern sowieso.“ Susi hat in der DDR Melkerin gelernt – kein Beruf, der heute noch gebraucht wird, in Bremen gleich gar nicht. Jetzt ist sie bei Blitz-Blank, gießt „Studentenblumen, wie die richtig heißen, weiß ich nicht“ mit Wasser vom Buntentorfriedhof. „Frische Luft, nette Leute“, schätzt Susi an dem Job, „und nicht zuletzt Witti“. Die Saubermänner und -frauen gehen in festen Teams. Und Witti ist Witold Zurawzcak, der Mann, der mit Susi Studentenblumen pflanzt und gießt und sich frotzeln lässt. Sachen wie „Ich hab' dich auch schon mal schneller gesehen.“

Sprüche wie solche, dann aber ernst gemeint, bekommen die Blitz-Blank-Leute von Passanten ab und an zu hören, wenn sie Pause machen. „Von wegen, nur rumstehen und rauchen, das könnte ja jeder. Oder so ähnlich“, berichtet Micky, seit zwei Jahren on the road im Buntentor. Sie sagt es mit Gleichmut. Immer lächeln, nicht frech werden. „Die können sich benehmen“, sagt Projektleiter Dreyer, und das klingt stolz. Er sagt das deshalb, „weil hier manche auch leichte Problemfälle sind.“ Langzeitarbeitslose sowieso, aber auch Ex-Abhängige, Menschen, die irgendwie rausgefallen sind aus den Maschen des Maloche-Feierabend-Lebens. „Sie merken nach kurzer Zeit selbst, wie schön das ist“, sagt der Projektleiter über seine Schäfchen. Nicht nur der feste Feierabend, auch die Anerkennung. „Am Anfang haben sie sich ein

bisschen geduckt“, erzählt Dreyer, nun gingen alle aufrecht. Zumindest in dem einen Jahr, in dem sie bei Blitz-Blank sind. Denn die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt klappt noch nicht. Zwei von 18 waren es im vergangenen Jahr, die feste Jobs bekamen. Ein bisschen frustrierend, findet Dreyer. „Ich hoffe immer auf die Mitarbeit der Neustädter.“ Die Betriebe, die sich über Blümchen und keinen Hundedreck freuen. Dreyer verschweigt wortreich, dass hier die Bereitschaft offenbar noch fehlt. sgi