Zum Leben und Träumen

■ Niedrigenergiebauweise, Passivhäuser, Bauen per ABM – in Bremen gibt es viele Modelle anderen Wohnens / der Versuch einer Vorstellung

Ökodörfer, Vorzeigehäuser, Modellprojekte – wenn's um mehr geht als um die Solarzellen auf dem Dach, wenn neben dem Ökohaus noch andere Aspekte modellhaften Wohnens dazukommen sollen, dann gibt es in Bremen gar nicht so viel aufzuzählen. Die taz hat es versucht: eine repräsentative, aber nicht vollständige Liste.

Als perfekte „Alternative zum Viertel“ preist der Siedlerverein „Lebensraum Lilienthal“ das dortige Ökodorf an. Rund 70 Menschen leben hier, in Häusern aus Holz, aus Lehm oder aus Stein, mit bunten Fenstern und niedrigem Energieverbrauch. Wenn's nach den Initiatoren ginge, könnten es doppelt so viele sein. „Die Szene im Viertel kennt uns zwar, denkt sich aber wohl: Besser als im Viertel geht's doch eigentlich nicht“, sagt Herbert Rode vom Siedlerverein. Die Bus- und Bahnanbindung sei gut, aber das Argument scheint wenig zu ziehen. Obwohl es für Kinder kaum besser ginge: Schulen, Kindergärten und ein vereinseigener Spielplatz. Zwischen 350.000 und 500.000 Mark kostet ein Niedrigenergiehaus, das von Holzständern getragen und mit Flachs gedämmt ist. In Planung sind nun auch eine Reihe von Passivhäusern.

Einst besetzt und hart umkämpft, jetzt reif zum Vorzeigen: das Mädchenkulturhaus Ostertor in der Heinrichstraße. Der Jugendverband „Bund Deutscher PfadfinderInnen“ hat das Haus im Szeneviertel gemietet und zusammen mit dem „Verein für ökologisches Bauen und kommunikatives Wohnen“ saniert. Mit Regenwassersammelanlage, mit Gründach, mit einer Solaranlage für Brauchwasser und mit Lehmwänden. Architektin Ute Dechantsreiter hat den Umbau geleitet und dabei auf Recycling gesetzt: Alte Türen, Fenster, Dielen, Treppen oder gar Säulen wurden hier wieder und neu verwendet.

Grünenstraße 17: Hier leben 35 große und sieben kleine Menschen in insgesamt 23 Wohnungen. Das Ganze ist eine Genossenschaft und selbstverwaltet und sozialer Wohnungsbau. Autofreiheit und eine Regenwasser-Grauwasser-Nutzung (Grauwasser: Dusch- und Badewasser für die Klospülung) sind weitere Aspekte des Niedrigenergiehauses. Eine Solaranlage und einen Aufzug für die BewohnerInnen der zwei rollstuhlgerechten Wohnungen hätte die Genossenschaft gern – allein, es fehlt am Geld. Die Wohnungen sind koppelbar: Aus einer Drei- und einer Einzimmerwohnung kann eine Vierzimmerwohnung werden, und umgekehrt. „Das passiert auch“, sagt Pit Klasen, Architekt und Bewohner der ersten Stunde. Nicht jedeR kommt rein: „Wir haben natürlich auch Anforderungen: eine gewisse Verantwortlichkeit für das Projekt muss da sein“, so Klasen. Die Einlage in die Genossenschaft kostet 19.000 Mark, Kinder inklusive. Das in Kombination mit den Bedingungen des sozialen Wohnungsbaus, sprich der Einkommensgrenzen, führe oftmals zu einem „Spagat“. Die BewohnerInnen diskutieren, die Genossenschaftsgewinne zum Reduzieren der Einlage zu verwenden.

Das Waller Dorf. Hier steht der soziale Aspekt im Vordergrund. Es ist nicht von dauerbeschäftigten Profis gebaut, sondern von Arbeitslosen und SozialhilfeempfängerInnen. Selbige haben zudem ein „Erstbelegungsrecht“ für die von ihnen gebauten Wohnungen. „Natürlich bauen wir auch ökologisch“, sagt Eberhard Haering, Architekt bei der Bremischen Gesellschaft. 17 Wohnungen stehen bereits im alten Waller Dorfkern, weitere 13 sollen bis Ende kommenden Jahres dazukommen, und in einem dritten Bauabschnitt noch einmal 16 Wohnungen. Das Erdgeschoss aus Stein, das Obergeschoss komplett aus Holz. Gut gedämmt sei das Ganze, und die Betriebskosten daher gering. Das Besondere, betont Haering, sei der dörfliche Charakter, den die Anlage hat: separate Eingänge für jede Wohnung, auch die im Obergeschoss. Kleine Laubengänge. Für jede ebenerdige Wohnung ein Gärtchen.

Noch ein Klassiker unter den Wohnmodellen: das Ökodorf an der Lesum. Rund 30 Menschen leben in fünf bis sechs liebevoll gestalteten Lehmhäuschen und diversen Bauwägen. „Das ist alles schon ziemlich stationär und setzt nicht auf Mobilität“, sagt Klaus Möhle, Sprecher der Öko-Gemeinschaft. Neben dem Recycling von Bau-stoffen und dem Bauen mit Lehm setzen die BewohnerInnen auf Solarenergie und auf eine Binsenschilfkläranlage, die das Brauchwasser klärt, sowie auf viele kleine, aber sehr lebendige Biotope. Das Ökodorf Lesum ist immer wieder von Räumung bedroht. Nun gibt es einen Bleibekompromiss, der seit etwa vier Wochen auf die Bestätigung von Finanzsenator Hartmut Perschau wartet (die taz berichtete mehrfach).

Propperer sollen die CO2-Niedrighäuser in Brokhuchting werden: Das von der Brebau, der Bremer Energie-Konsens GmbH, der swb Enordia und der Ruhrgas getragene Projekt setzt auf stark reduzierten Kohlendioxid-Ausstoß. Das soll unter anderem dadurch funktionieren, dass Geräte wie Spül- und Waschmaschine ihr Warmwasser von einem zentralen Speicher beziehen, nicht extra Strom für die Erhitzung verpulvern. Gekocht wird mit Gas, der Anschluss gasbeheizter Wäschetrockner ist auch möglich. 15 Reihenhäuser in Niedrigenergiebauweise werden in den kommenden Monaten entstehen; Interessenten oder gar Käufer gibt es derzeit noch nicht.

Last not least: Der Buntentorsteinweg 263. Acht Wohnungen in einem Niedrigenergiehaus. Sozialer Wohnungsbau. Zielgruppe: Alleinerziehende und gemischtnationale Familien – diejenigen, die auf dem freien Wohnungsmarkt oft den Kürzeren ziehen. Unter der Ägide der Planungswerkstatt haben unter anderen 20 langzeitarbeitslose Menschen mitgebaut. Seit August 1998 steht und lebt das Modellprojekt am Buntentorsteinwe g. sgi