Regenbogen-Schnickschnack am Nollendorfplatz

Das hat uns gerade noch gefehlt: Pünktlich zum Beginn des lesbisch-schwulen Stadtfestes wurde ein Regenbogendenkmal eingeweiht

Vor Jahren hat die Autorin beim lesbisch-schwulen Stadtfest einen neuen Bügelbrettbezug gekauft. Einen geblümten Bügelbrettbezug in Pastellfarben. Er war unschlagbar preiswert. So etwas lässt sich eine Schnäppchenlesbe nicht entgehen. Das waren die Zeiten, als es noch Verkaufsstände mit biederen Sommerkleidern gab, an denen dauergewellte Omis in Kaufrausch gerieten. Sozusagen direkt neben dem Stand für Sexspielzeug. Doch die Szene opponierte gegen die Stände mit mangelndem Homo-Faktor und so verschwanden sie.

Fortan gab es nur noch regenbogenfarbene Fußmatten, regenbogenfarbene Hundehalsbänder und allen möglichen anderen Regenbogenschnickschnack zu kaufen. Für den Durchschnittshomosexuellen handelt es sich hierbei um einen identitätsstiftenden Kaufakt.

Was fehlte der Szene also noch zu ihrem Glück? Die schwulen Wirte, die das Straßenfest 1993 ins Leben riefen und sich im Regenbogenfonds zusammenschlossen, haben es erkannt: ein Regenbogen-Denkmal. Sofort sannen sie auf Abhilfe. Sie engagierten den „international renommierten“ Künstler Salomé, der eine viereinhalb Meter hohe Säule aus bunten Metallplatten schuf. Das 30.000 Mark teure Monument, das gestern vor dem U-Bahnhof Nollendorfplatz eingeweiht wurde, soll nun durch Spenden finanziert werden.

Wie ein „Ausrufezeichen“ soll es auf den Kiez mit den vielen Schwulenkneipen und vereinzelten Lesbenbars hinweisen. Immerhin: Es ist das erste Homo-Denkmal, das nicht an Tod erinnert, nicht an Aids, nicht an die Ermordung in Konzentrationslagern des Dritten Reichs. Die Stele symbolisiert das selbstbewusste Lebensgefühl der Lesben und Schwulen. Nur das dreieckige rosa Hütchen auf der Spitze der Stele soll an den Rosa Winkel, das Symbol der Verfolgung erinnern.

Doch kein Denkmal ohne Streit. Nein, es war diesmal nicht die CDU, die etwas dagegen hatte. Die CDU stimmte dem Vorhaben in der Bezirksverordnetenversammlung ebenso zu wie alle anderen Parteien. Auch die Baugenehmigung wurde in atemberaubendem Tempo bewilligt. Widerspruch kam vielmehr vom Lesben- und Schwulenverband, der sich über die phallische Form des Monuments mokierte. Als Alternative wurde eine Regenbogen-Möse vorgeschlagen. Eine „Genitalienposse“, diagnostizierte die Bild-Zeitung.

Mickrig sieht sie aus, die Stele, die zwischen Imbisswagen und U-Bahnhof fast verschwindet. Dass sie nachts angestrahlt wird, macht die Sache nur unwesentlich besser. Eigentlich sollte sie direkt auf dem Nollendorfplatz stehen, doch dies lehnten die Bezirkspolitiker aus verkehrstechnischen Gründen ab. Nun steht das Denkmal am Rande des Platzes, wie es einer Randgruppe eben geziemt.

Mag sein, dass Symbole für eine Minderheit wichtig sind, doch der Bau des Denkmals ist nur eine Ersatzhandlung. Was den Lesben und Schwulen wirklich fehlt, sind gleiche Rechte. Darum zu kämpfen, würde sich wirklich lohnen.

DOROTHEE WINDEN