Das Industriepraktikum als Trumpfkarte

Deutsche Unis können für ausländische Studenten attraktiv sein – wenn sie mit hiesigen Unternehmen kooperieren

MANNHEIM taz ■ Wilhelm Schmitt sieht gar nicht aus wie jemand, der beste Kontakte zu Universitäten in aller Welt pflegt. Er arbeitet nicht etwa in einer Hochschule. Er ist Pensionär. Stolze 70 Jahre zählt Schmitt.

Und doch vermag Wilhelm Schmitt wahrscheinlich mehr ausländische Studenten ins Land zu holen als manche auf Hochglanz getrimmte Werbekampagne. Jedes Jahr kommen auf Schmitts Vermittlung chinesische Studenten und Uni-Absolventen nach Deutschland.

Schmitt ist das personifizierte Scharnier zwischen Industrie und Hochschule. Der promovierte Maschinenbauer war Gesellschafter der Freudenberg-Gruppe, einer Holding mittelständischer Unternehmen, die in ihren Geschäftsfeldern – Industrie-Vließe, Kinderschuhe, Simmeringe, Schmiermittel – zu den Weltmarktführern zählt. Heute sitzt Schmitt dem Kuratorium der Fachhochschule für Gestaltung und Technik in Mannheim vor. Während viele Hochschulen Probleme haben, im Ausland aussichtsreiche Studierende anzuwerben, hat die FH Mannheim da wenig Probleme. Ihr Trumpf ist die Freudenberg-Gruppe.

„Wenn man beim Anwerben etwas erreichen will, muss man ganz konkrete Dinge tun“, sagt Schmitt. Dazu gehört zum Beispiel, dass Freudenberg die fünf Deutschlektoren der Qinghua-Uni bezahlt. Oder Praktika, Stipendien und Partnerschaften für Studierende anbietet. Für die Freudenberg-Gruppe ist die Kooperation, so Schmitt, „nicht nur von kulturellem Wert“. Freudenberg nimmt regelmäßig 12 chinesische Absolventen der School of Managment der Qinghua als Trainees ins Unternehmen – die nicht selten als Führungskräfte in der international operierenden Holding bleiben. Deutschland wird so attraktiv, obwohl es keinesfalls der bevorzugte Studienort für Chinesen ist.

Die Philosophie des „effizienten Zweckverbundes“ zwischen Hochschule und Unternehmen stammt aus Schmitts eigener Biografie. 1946 begann er als Gerber bei der damaligen Lederfirma Freudenberg. Deren Chef machte sein Studium durch Stipendien möglich – und band dadurch den Jungingenieur ans Unternehmen. CHRISTIAN FÜLLER