Riester zwischen den Fronten

Union meldet Änderungswünsche am Rentenkonzept von Arbeitsminister Riester an. Der will Reform notfalls alleine stemmen. Doch Kritik kommt auch aus der SPD

BERLIN taz ■ Die Pläne der Bundesregierung zur Rentenreform sorgen bei Union und SPD für Unruhe. Bis Ende des Monats werde die CDU ihre Änderungswünsche noch einmal zusammenfassen, kündigte gestern die CDU-Vorsitzende Angela Merkel an. Ihre Partei sei aber weiter zu Gesprächen bereit. Die CDU-Sozialausschüsse lehnen die Regierungspläne dagegen kategorisch ab. Sie bedeuteten „den schleichenden Ausstieg aus einem System, das Altersarmut beseitigt hat“.

Auch CSU-Chef Edmund Stoiber geht Merkels Kompromissbereitschaft zu weit. Er würde die Rentengespräche mit der Regierung am liebsten platzen lassen und mit dem Schlachtruf „Rentenlüge!“ in den Bundestagswahlkampf 2002 ziehen. Seine Ablehnung kann Stoiber aber nur schwer begründen. Denn die Regierung plant inzwischen eine höhere steuerliche Entlastung für die Privatvorsorge als von der Union ursprünglich gefordert.

Nach Informationen des Spiegel ist Arbeitsminister Walter Riester sogar zu weiteren Zugeständnissen bereit: Familien und private Vorsorge sollen noch stärker gefördert werden. Riesters Sprecher bestätigte, dass dieser einen Weg suche, um das Rentenniveau langfristig auf etwa 64 Prozent des Nettolohns zu halten. Union, Gewerkschaften und Sozialverbände hatten unisono gefordert, das Niveau auch nach dem Jahr 2030 nicht unter 64 Prozent zu senken.

Auf der Sitzung des SPD-Parteivorstandes am Montag haben auch die Sozialdemokraten heftig über die geplante Rentenreform gestritten. Generalsekretär Franz Müntefering sagte nach dem Treffen, der Vorstand werde am 3. Juli eine endgültige Entscheidung zur Rentenreform fällen. „Korrekturbedarf“ gebe es noch bei der eigenständigen Alterssicherung für Frauen.

Sozialdemokratinnen und Frauenverbände hatten kritisiert, dass Riester hier Abstriche von seinem ursprünglichen Konzept gemacht habe. In der Vorstandsitzung sei zudem die geplante starke Absenkung des Rentenniveaus heftig kritisiert worden, sagte SPD-Vorstandsmitglied und DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer. Einige Vorstandsmitglieder seien auch darüber empört, dass die Grundsicherung im Alter gestrichen worden sei. Engelen-Kefer forderte Riester auf, sich mit den Gewerkschaften und Sozialverbänden abzustimmen.

Auch die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) bezeichnete Riesters Konzept am Montag als „inakzeptabel“. Damit würden viele Versicherte im Alter von der Sozialhilfe abhängig. Die kapitalgedeckte Zusatzvorsorge müsse Pflicht werden. Und: Die Arbeitgeber sollten sich an der Finanzierung beteiligen. Riester hatte die AfA-Pläne mit dem Hinweis abgeschmettert, diese seien mit der Union nicht zu machen.

Sollten CDU und CSU einen Rentenkonsens auch in zwei Wochen noch ablehnen, können sich Gewerkschaften und AfA freuen. Dann will Riester seine Reformpläne nach ihren Vorstellungen ändern und ohne die Union durchsetzen. Für diesen Fall ist jedoch Ärger mit dem Koalitionspartner programmiert, denn die Grünen lehnen eine Zwangsrente entschieden ab.

TINA STADLMAYER