Wirrer Kampf gegen den Partner CDU

SPD sucht mit reißerischen Parolen ein innenpolitisches Profil. Abgrenzung von der CDU gelingt allenfalls verbal

Auf ihrem Landesparteitag im Juli will die SPD nicht nur über ihren Vorsitz streiten. Die Sozialdemokraten wollen sich vor allem gegenüber dem größeren Koalitionspartner profilieren. Insbesondere im Bereich Innere Sicherheit und Justiz: Der entsprechende SPD-Parteiausschuss verabschiedete am Dienstag abend zwei Anträge, die vor „Fehlentwicklungen“ und vor einer Instrumentalisierung von Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft durch die CDU warnen.

Deren Innensenator Eckart Werthebach entferne sich zunehmend von „Liberalität und Weltoffenheit“, heißt es in einer der beiden Vorlagen für den Parteitag. Mit Wiedereinführung einer politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft wolle auch der CDU-Chef und Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen „alte Feindbilder zurückholen“ und die staatlichen Anklagevertreter mit „politischen Schnüffelaufträgen“ beschäftigen.

Inwiefern sich die Forderungen der SPD aber von der CDU-Politik abheben, blieb unter den Genossen größtenteils unklar. Denn die Sozialdemokraten haben selbst zu den von ihnen beklagten Entwicklungen in der Berliner Innen- und Justizpolitik beigetragen. Das musste auch Hans-Georg Lorenz, innenpolitischer Sprecher der Partei, eingestehen.

Die Einladung zur Ausschusssitzung hatte Lorenz zwar reißerisch mit „Rolle rückwärts in den Verdächtigungs- und Schnüffelstaat“ überschrieben. Fest entschlossen, die konservative Turnübung der CDU nicht mitzumachen zeigt sich die SPD aber nicht. Argumente gegen die vom Koalitionspartner geforderte Videoüberwachung kennt man ausreichend, überlegt aber gleichzeitig, ob ein flächendeckender Einsatz von Überwachungskameras in Berlin mehr einbringen könnte, als die Kriminalität nur an andere Orte zu verdrängen.

Ähnlich die Position zur Eingliederung des skandalumwitterten Berliner Verfassungsschutzes in die Innenverwaltung: Von Zweck und Notwendigkeit eines Geheimdienstes ist im SPD-Ausschuss kaum jemand überzeugt. Und gegen dessen obersten Dienstherrn Werthebach hat Lorenz „große Bedenken“. Aber, so Lorenz, über die Abschaffung der Behörde „müssen wir an anderer Stelle reden“. So einigt man sich auf die Forderung nach einer Kontroll- und Revisionsinstanz, streicht aber schnell noch das Wörtchen „unabhängig“.

Was mit dem derzeit Diepgen unterstellten Justizressort passieren soll, weiß die SPD auch nicht so recht. Teilweise fordern die Genossen eine eigenständige Justizverwaltung. Für den Abgeordneten Klaus-Uwe Benneter aber ist das „Unsinn“: Erst im November haben SPD und CDU schließlich eine gegenteilige Koalitionsvereinbarung unterzeichnet. Benneter hofft, dass die Einsicht des Regierenden zur Angliederung der Justizverwaltung an ein anderes CDU-geführtes Ressort führen könnte: „Durch seine Untätigkeit im Gebiet Justiz schadet Diepgen ja auch sich selbst.“

Warten auf die Entscheidungen der CDU und sie dann mittragen – das dürfte allerdings nur wenig zur intern geforderten offensiven politischen Distanz zum größeren Koalitionspartner beitragen. DIRK HEMPEL