Mehr als Gamelan und Ritualdolche

■ Weg vom Musealen und hin zum heutigen Austausch: Das Museum für Völkerkunde zeigt eine Ausstellung über die multireligiöse, indonesische Stadt Yogyakarta

Hamburg hat eine ungewöhnlich umfangreiche Sammlung von Objekten aus Indonesien. Dazu kommt noch eine gute Zusammenarbeit des Museums für Völkerkunde mit der hiesigen Gemeinde aus dem weitläufigen, und politisch nicht ganz unproblematischen südostasiatischen Inselstaat. Für den Touristen scheint das Land inzwischen fast gleichbedeutend mit Bali zu sein, doch die neue Ausstellung im Multinationenhaus an der Rothenbaumchaussee gilt der Stadt Yogyakarta in Südostjava.

Wieder ist das Bestreben des Museums zu bemerken, über traditionell völkerkundliche Präsentationen hinauszugehen. So werden zu den erwartbaren Schattenfiguren und Theaterpuppen, zu Gamelanorchester und Ritualdolchen Gemälde gezeigt, in denen der Polenfachmann Andreas Torneberg Reisestimmungen aus Yogyakarta illustriert hat.

Eindrucksvoller sind die einfühlsamen Schwarzweiß-Fotos des Hamburger Fotografen Michael Hagedorn, der mehrfach monatelang in jenem Teil der Welt weilte und die ungewöhnlich vielgestaltigen religiösen Feste beobachtete. Denn der herrschende Islam in jenem Teil Javas ist stark von hinduistischen, buddhistischen und mystischen Traditionen überformt – der Welt größter buddhistischer Tempelberg, Borobodur, ist nicht weit von Yogyakarta entfernt.

Dazu konnte die große Adaptionsfähigkeit der Indonesier auch vieles von der aufgezwungenen niederländischen Herrschaft noch in ihre Kultur integrieren. So feiert der Sultan jährlich eine rituelle Hochzeit mit einer hinduistischen Meeresgöttin, die Uniformen seiner Palastwache wurden aber erst um die Jahrhundertwende von einem Holländer designt.

Solch tolerante Vermischungen können vorbildhaft sein und zeigen, wie falsch es ist, fremde Kulturen ein für alle Mal in Schubladenschränke und Schaukästen einzusperren und dann dem Irrtum aufzusitzen, ihr So-Sein erklärt zu haben. Vollends weg vom Musealen und hin zu heutigem Austausch mit anderen Weltgegenden geht die ungewöhnliche Tatsache, dass der höchste politische Repräsentant Yogyakartas zur Eröffnung eingeladen wurde: Seine Exzellenz Sri Sultan Hamengku Buwono X., dessen Vorfahren 1755 die Stadt gegründet hatten und nach kosmologischen Kriterien anlegen ließen.

Jetzt ist der jurastudierte Erbe einer langen Tradition indonesisischer Gouverneur der Provinz mit drei Millionen Einwohnern. Doch für seine gläubigen Anhänger bleibt er der heilige Herrscher, der einmal im Jahr zur mystischen Vereinigung mit Gott gelangt: Sein Name heißt übersetzt „Der, der das Universum in seinem Schoß trägt“. In eher weltlicher Hinsicht hat der Repräsentant Allahs auf Erden 2000 Palastangestellte und war trotz aller Modernität in Anzug und Schlips über die bloß vier Journa-listen, die ihn auf der Pressekonferenz am Dienstag noch nicht einmal ehrerbietig begrüßten, vermutlich etwas verwundert. Hajo Schiff

YOGYA ! – Sultansstadt Javas zwischen Feuerberg und Meeresgöttin, Museum für Völkerkunde, bis 15. Oktober