Selbstanzeige mit Folgen nach fünf Jahren

■ Gewalttätiger Ehemann bekommt 18 Monate auf Bewährung und Therapieauflage

Das Ausmaß des Grauens, das er seiner Ehefrau über fünf Jahre hinweg zufügte, kann Matthias D. sich selbst noch nicht eingestehen. Während sein Opfer gestern vorm Amtsgericht von ständiger Bedrohung und Schläge berichtete – „wenn er diesen aggressiven Ton hatte und das Licht ausmachte, wusste ich schon, was kommt“ –, räumte er nur ein: „Wir haben uns oft gestritten.“ Und, ja, er habe sie auch getreten. Es tue ihm Leid. Aber es sei auch „nicht sooo doll gewesen“, dass er seinen Fuß beim Tritt gegen seine Frau gebrochen hätte. Auch die Krücke sei gleich beim ersten Schlag auf den Rücken seiner Frau zerborsten, versucht er seine Gewalttätigkeit zu schmälern.

Dennoch war das Verfahren, das mit einer 18-monatigen Bewährungsstrafe, einer Schmerzensgeldzahlung von rund 3.500 Mark und einer Auflage zur Therapie für den Angeklagten endete, ungewöhnlich: Der 29-jährige Gelegenheitsarbeiter hatte sich selbst angezeigt, nachdem seine Frau ihn mit der Tochter vor knapp zwei Jahren verlassen hatte. Ungewöhnlich auch: Sein Opfer, das die Übergriffe jahrelang verschwiegen hatte, trat als Nebenklägerin auf und sagte aus. Sonst wäre eine Verurteilung des Mannes, der bei seiner Selbstanzeige nur vage von Bedrohung und Schläge gesprochen hatte, nicht möglich gewesen.

„Sie hat Angst vor mir. Versteh' ich auch. Das ging ja heftig ab“, blickt der muskulöse Typ mit dem blondgefärbten Raspel-Kurzhaar auf seine Beziehung zurück. Wieder mal „heftig abgegangen“ war es kurz nach der Geburt des zweiten Kindes – noch auf der Entbindungsstation und erstmals in aller Öffentlichkeit, im Beisein der Schwester, vor der die Geschlagene ihre Lage lange verheimlicht hatte.

Weil er bei der überraschenden Blitz-Entbindung nicht dabei sein konnte, hatte Matthias D. in der Klinik dermaßen randaliert, dass er Hausverbot bekam. „Die Türen wurden verriegelt“, berichtete seine in Scheidung lebende Frau. Erst danach, in der Sicherheit des Schwesternzimmers, wo der blaugeschlagene Körper der Wöchnerin schon für Gesprächsstoff gesorgt hatte, offenbarte sich die Geschundene. Jugendamt und Psychologin wurden eingeschaltet. Nach Gesprächen ging sie zum Ehemann zurück. Doch eine Woche nach der Rückkehr in die gemeinsame Wohnung ergriff die Frau mit dem Neugeborenen schließlich doch die Flucht. In einem unbewachten Moment griff sie die kleine Tochter und floh vom Arbeitsplatz, dem gemeinsamen Imbiss. Denn anders als den geliebten erstgeborenen Sohn hatte der Vater die frühgeborene Tochter abgelehnt und damit die Mutter drangsaliert.

Er habe sie bespuckt und gezwungen vom Fußboden zu essen, berichtet sie unter Tränen. Der Psychoterror nach der Geburt sei fast schlimmer gewesen als die früheren Schläge. Der Mann gibt zu: Ja, er habe sie gezwungen, nach der Versorgung des Säuglings die Hände mit Terpentin zu waschen.

Sein Opfer hatte da schon mehrere Male mit dem Leben abgeschlossen. Doch an die Zeitpunkte der schlimmsten Angriffe konnte die Frau sich kaum erinnern. „Es waren so viele. Immer tat was weh“, erklärte sie. Und dass sie sich aus Angst, den Sohn zu verlieren, nicht gewehrt habe. Vergebens. Jetzt lebt der Fünfjährige beim Vater – der gestern mit den Worten „die Therapie nehme ich gerne an, wann?“, die freiwillige Auflage des Gerichts akzeptierte. ede