Israel vertagt Regierungskrise

Die ultraorthodoxe Schas-Partei bleibt vorerst in der Regierung. Dafür nimmt die linke Meretz-Partei den Hut. Doch die inhaltlichen Streitpunkte sind nicht wirklich beigelegt

JERUSALEM taz ■ Bis zur letzten Minute kosteten die vier Minister der orientalisch-orthodoxen Schas-Fraktion ihren Sieg aus, bevor sie vor den Premierminister traten, um ihre knapp 48 Stunden zuvor eingereichten Kündigungsschreiben zurückzufordern. Grund für den möglichen Kompromiss zwischen Regierungschef Barak und seinem größten Koalitionspartner war der Austritt dreier Minister der linken Meretz aus dem Kabinett, allen voran Parteichef Jossi Sarid, der als Erziehungsminister über die Gelderverteilung an die Schulen wachte.

Mit dem Streit über rund 25 Millionen Mark begann vor Monaten die Krise. Die Schas forderte das Geld für die Sanierung des parteinahen religiösen Schulnetzes. „Dass Sarid nicht länger im Erziehungsministerium sitzt, ist ein wichtiges Ergebnis für das Volk Israels“, kommentierte Schas-Chef Eli Ischai, und der geistige Mentor der Partei, Rabbi Ovadia Jossef, nannte den Rücktritt der streitbaren Meretz-Minister gar einen „Festtag“. Dabei sind die entscheidenden Streitpunkte zwischen Barak und der Schas noch immer nicht geklärt. Innerhalb von zehn Tagen wollen sich beide Seiten auf eine Lösung für die Finanzierung und Kontrolle des Schas-Schulnetzes sowie die „Sendungen der Heiligkeit“, gemeint ist der religiöse neue Fernsehkanal, einigen. Umgekehrt verpflichteten sich die Schas-Minister dazu, den Gesetzentwurf zur Auflösung des Parlamentes und vorgezogenen Neuwahlen nicht länger zu befürworten. Hinsichtlich des Friedensprozesses ist indes nur von einer „allgemeinen Unterstützung“ die Rede.

Trotz dieser vagen Zusage glaubt Barak, mit der Schas „den bequemsten Partner für den Friedensprozess“ im Kabinett zu haben. Die Unterstützung der Meretz ist ihm in der Friedensfrage garantiert, auch ohne dass die Partei im Kabinett vertreten ist. Fraglich bleibt, ob Schas, die erst vor kurzem gegen die Regierung stimmte, als es um die Rückgabe dreier palästinensischer Dörfer ging, bei den großen Kompromissen mitziehen wird. Auch die Abgeordneten der National-Religiösen Partei sowie der Immigranten-Partei kündigten an, dass sie vorläufig in der Regierung bleiben, gerade um politische Prozesse zu unterbinden. SUSANNE KNAUL