Der Kämpfer

Leichtathletik-Olympiasieger Dieter Baumann bekommt bestätigt, was er immer gesagt hat – dass ein krimineller Anschlag auf ihn verübt wurde

Es braucht keiner zu denken, dass Dieter Baumann heute ein glücklicher Mensch sei. Wie sollte er? Man hat ihm bestätigt, was er immer gesagt hat: dass er ein Opfer ist. Immerhin. Aber: „Der Täter“, sagt Baumann, „läuft noch immer frei herum.“ Der Fall Baumann ist kein Dopingfall, sondern ein Kriminalfall, das hat der vom Deutschen Leichtathletik-Verband eingesetzte Rechtsausschuss akzeptieren müssen und daher gestern die Suspendierung Baumanns aufgehoben.

Das freut die einen und lässt die anderen vor Wut aufheulen. Es gab und gibt viele Fronten im Fall des populärsten westdeutschen Leichtathletik-Olympiasiegers. Und an einigen wird ein ganz eigener Krieg geführt. Darüber geriet der Fall mit den Monaten scheinbar derart kompliziert, dass sich die Öffentlichkeit überfordert, desillusioniert oder einfach gelangweilt zurückzog.

Die Taktik der Sportfunktionäre und Baumann-Skeptiker war klar: den Fall immer wieder auf den Diskussionsstand des ersten Tages zurückzuwerfen – auf jene zwei Dopingproben Baumanns, die einen Vorläufer des anabolen Steroids Nandrolon enthielten. Ihre Logik: Probe positiv, Sperre, aus. Baumann musste das Oberlandesgericht Frankfurt anrufen, um den Sportfunktionären klarzumachen, dass in einem Kriminalfall der Anscheinsbeweis zu gelten hat, das heißt, er eine Indizienkette aufbauen kann, um seine Unschuld zu beweisen.

Damit wird das Anti-Doping-System des Sports nicht ausgehebelt. Der Nächste kann sich eben nicht mit Hinweis auf seine gedopte Zahnpasta herausreden. Aber er hat eine Chance. Dafür muss er allerdings eine ähnlich stichhaltige Indizienkette aufbauen, wie es Baumann und seinem Team gelungen ist.

Es war ein harter Weg, aber man darf nicht vergessen: Dieter Baumann ist Langstreckenläufer. Seine Stärke: dranbleiben. Auch wenn es weh tut, auch wenn es aussichtlos scheint. So hat er es bei seinem Olympiasieg in Barcelona gemacht. Und so hat er es auch in jener Sache gehalten, nach der nichts mehr sein wird, wie es war.

Selbst wenn er noch einmal bei Olympia läuft: Der materielle Verlust für den Profisportler, der immaterielle für den wichtigsten deutschen Antidopingkämpfer ist freilich nicht mehr gutzumachen. Und der DLV? Kann nur hoffen, dass eine Täterermittlung den in Ost und West gespaltenen Verband nicht sprengt. Vom abgrundtief enttäuschten Baumann haben sie nichts mehr zu erwarten, nur zu befürchten. Denn Baumann ist auf einem Kreuzzug. Baumann sagt: „Ich kriege ihn.“

PETER UNFRIED