IN SÜDAFRIKA DROHT WIEDER POLITIK ENTLANG DER RASSENGRENZEN
: Ende der Regenbogennation
Die Nationale Partei (NP) steht für eines der schlimmsten Unrechtssysteme, die die jüngere Geschichte hervorgebracht hat. Ihr Untergang war seit Jahren vorhersehbar, und jetzt, zehn Jahre nachdem in Südafrika die politische Wende eingeleitet wurde, ereilt sie ihr verdientes Schicksal: Sie verschwindet als eigenständige Kraft aus der Parteienlandschaft.
Vollkommen aufgelöst hat sich die Partei indessen immer noch nicht. Vielmehr geht sie in ein neues Bündnis mit der bisherigen Demokratischen Partei (DP) ein, wenn auch nur als Juniorpartner. Auf den ersten Blick entsteht damit eine stärkere Oppositionspartei, die dem allmächtigen ANC besser Paroli bieten kann. Doch die Fusion mit den einstigen Liberalen ist kein gutes Zeichen für Südafrikas politisches Gefüge. Sie ging so reibungslos vonstatten, weil die früheren Liberalen und die neue blasse Generation von NP-Politikern programmatisch kaum noch etwas trennt. Der Rechtsruck, den die DP in den vergangenen Jahren vollzogen hat, macht sie nun salonfähig für die Vertretung der immer noch zutiefst konservativen weißen Buren. Weder NP noch DP ist es in den vergangenen Jahren gelungen, in die nichtweiße Wählerschaft vorzudringen; und die markigen Parolen, wenn es um Bekämpfung der immer noch grassierenden Kriminalität geht, sind austauschbar.
Am Ende ist die Vereinigung nur konsequent: Beide vertreten keine politischen Positionen mehr, sondern lediglich die Interessen der weißen Minderheit in Südafrika. Zur gleichen Zeit „afrikanisiert“ sich der ANC zunehmend, haben es Nichtschwarze in der ehemaligen Befreiungsbewegung immer schwerer. Für Südafrika ist dieser Befund zutiefst ernüchternd. Denn abgesehen von ein paar marginalen weiteren Parteien stehen sich der ANC als Vertretung der Schwarzen und die Opposition als Bollwerk der Weißen gegenüber. Politik in Südafrika wird noch auf Jahre, vielleicht Jahrzehnte hinaus entlang von Rassengrenzen gemacht werden – auch ohne entsprechenden staatlichen Zwang. Die kunterbunte Regenbogennation ist ein schöner Traum geblieben. KORDULA DOERFLER
