Eine neue Partei der Weißen

Südafrikas Nationale Partei, die Begründerin der Apartheid, verschwindet von der Bildfläche. Ein neues Bündnis will dem ANC bei kommenden Wahlen Kontra bieten

JOHANNESBURG taz ■ Südafrikas starre Parteienlandschaft ist in Bewegung geraten. Nach geheimen Verhandlungen haben die derzeit größte Oppositionspartei, die Demokratische Partei (DP), und die Partei der ehemaligen weißen Machthaber Neue Nationale Partei (NNP) am Samstag überraschend die Bildung einer neuen gemeinsamen politischen Kraft mit dem Namen Demokratische Allianz (DA) bekannt gegeben. Das Ziel ist klar: bei den Ende des Jahres bevorstehenden Kommunalwahlen will man gemeinsam antreten.

Zwar müssen die Parteivorstände den Beschluss noch bestätigen, und aus verfassungsrechtlichen Gründen müssen auch beide vorerst ihre Namen beibehalten, um ihre Parlamentsmandate nicht zu verlieren. Zusammen werden sie dort jedoch über 68 Sitze verfügen und damit die mit Abstand größte Oppositionspartei sein.

Chef der neuen Partei wird der bissige Rechtsanwalt Tony Leon, der es geschafft hat, die Demokratische Partei bei den zweiten demokratischen Wahlen im vergangenen Jahr zur stärksten Kraft nach dem ANC zu profilieren. Die DP präsentierte sich dabei vor allem als Vertretung der Weißen, die unter dem neuen Präsidenten Thabo Mbeki stärker als unter Nelson Mandela um ihre bislang kaum angetasteten Privilegien fürchten müssen. Mit diesem Kurs brachte es Leon immerhin auf 9,5 Prozent der Stimmen.

Zur gleichen Zeit sackte die Neue Nationale Partei, der auch die Namensänderung nur wenig geholfen hatte, von mehr als 20 auf blamable 6,9 Prozent. Spätestens damit war klar, dass ihre Tage gezählt sein würden. Seit der politischen Wende am Kap Anfang der 90er-Jahre, die der damalige Präsident und Vorsitzende der NP, Frederick Willem de Klerk, eingeleitet hatte, suchte die Partei nach einer Neubestimmung.

Auch in der 1994 gebildeten Regierung der Nationalen Einheit fühlte sich De Klerk nicht wohl, der NP fiel es allzu schwer, nach der Machtfülle der vergangenen Jahrzehnte nun nur noch der Juniorpartner in einer von Schwarzen geführten Regierung zu sein. Zwei Jahre später, nachdem Südafrikas neue demokratische Verfassung mit den erforderlichen Stimmen aus der NP verabschiedet worden war, stieg de Klerk im Mai 1996 aus der Koalition aus.

Für die NP, die er noch in NNP umbenannt hatte, war es zu spät. Weder gelang es ihr, sich programmatisch neu zu orientieren, noch eine neue Generation von Führungskräften aufzubauen, die nicht durch die Apartheid-Vergangenheit kompromittiert waren. De Klerks Nachfolger Marthinus van Schalkwyk ist selbst in Südafrika kaum bekannt und politisch so unbedarft, dass er im Afrikaansen Volksmund treffend „kortbroek“, „Kurze Hose“ genannt wird. In der neuen Partei wird er lediglich stellvertretender Vorsitzender sein.

In der Geschichte Südafrikas ist das eine Zäsur: die Partei, die synonym steht für die unmenschliche Politik der Apartheid, der Rassentrennung, verschwindet von der Bildfläche. 1914 gegründet, gelang es ihr 1948 an die Macht zu kommen und ihren Traum von der so genannten „getrennten Entwicklung“, angeblich zum Wohle aller, vier Jahrzehnte lang in praktische Politik umzusetzen. Millionen von Schwarzen wurden zwangsumgesiedelt und bewusst von jeglicher Entwicklung ferngehalten. KORDULA DOERFLER

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