Jusos schwenken auf Pragmatismus um

SPD-Nachwuchs verabschiedet sich aus der Fundamentalopposition. Mit der Mutterpartei will man pfleglich umgehen

Die Jungsozialisten wollen unter ihrer neuen Landesvorsitzenden Kerstin Beurich-Kusche (31) einen pragmatischen Kurs einschlagen. Die Zeiten, in denen sich die Jusos durch „hochtrabende theoretische Debatten“ und „Fundamentalopposition“ gegenüber der Mutterpartei auszeichneten, seien vorbei, sagte die 31-jährige Berufsschullehrerin. „Wir wollen künftig eine konstruktive und kritische Zusammenarbeit mit der Mutterpartei pflegen.“ In den letzten Jahren seien die Jusos schon in der SPD kaum noch wahrgenommen worden, ganz zu schweigen von der breiten Öffentlichkeit. Der Schwerpunkt der Aktivitäten soll künftig auf der Kommunalpolitik liegen. Bei der Wahl im vergangenen Herbst sind 20 Jusos in die Bezirksverordnetenversammlungen eingezogen, darunter auch Beurich-Kusche.

Die bisherige stellvertretende Juso-Chefin hatte sich vor einer Woche in einer Kampfkandidatur gegen den bisherigen Juso-Chef, den Linken Hendrik Weipert, durchgesetzt. Der neue, elfköpfige Vorstand wird nun von PragmatikerInnen dominiert. Die Juso-Linke stellt in dem Gremium nur zwei von vier stellvertretenden Landesvorsitzenden. Eine Spaltung der Jusos werde es aber nicht geben, versicherte Beurich-Kusche.

Sie lehnt die große Koalition ebenso ab, wie die Juso-Linke es tut, und forderte gestern „linke Mehrheiten“ für die Stadt. Eine Koalition mit der PDS lehnte sie ab, ist aber für ein Tolerierungsmodell. Sie begrüßte, dass in der SPD endlich über den Umgang mit der PDS diskutiert werde.

Um den Willen zur engeren Kooperatin zu unterstreichen, hatte die Juso-Vorsitzende gestern Fraktionschef Klaus Wowereit und Landesgeschäftsführer Ralf Wieland zur gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen. Wowereit lobte: „Mit der Wahl haben die Jusos bewiesen, dass sie nicht außerhalb der Partei, sondern in ihr arbeiten wollen.“

Wieland verwies darauf, dass die SPD in Berlin nur 60 Mitglieder unter 20 Jahren habe. „Das ist eine Zahl, die mir im Magen liegt.“ Er hofft, dass es mit der Hilfe der Jusos wieder gelingt, mehr Jugendliche für die SPD zu gewinnen. 2.770 SPD-Mitglieder sind jünger als 35 Jahre, die Altershöchstgrenze für Jusos. Rund 300 sind in der Jugendorganisation aktiv. DOROTHEE WINDEN