DIE DEUTSCHE INDUSTRIE WILL DIE VERPACKUNGSORDNUNG AUSHEBELN
: Einwegflaschen

Kein Zwangspfand auf Dosen, auf keinen Fall eine Abgabe, mehr Zeit zum Verhandeln und eine „Selbstverpflichtung“: Das sind die Positionen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) zum Thema Mehrweg/Einwegverpackungen. Ziel der Argumentation ist nicht etwa, mit einem vernünftigen, zumindest aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbaren Beitrag eine Lösung zu finden, sondern mit allen Mitteln bei den schlicht unökologischen, aber billigen Einwegverpackungen zu bleiben. Man ist offensichtlich der Meinung, nach dem Atomkonsens könnte man mit den Grünen Schlitten fahren und mit den Verbrauchern gleich mit, indem man jammernd und drohend falsche Argumente auffährt.

Die Verpackungsverordnung stammt aus dem Jahr 1991. Da steht schwarz auf weiß drin, dass bei Unterschreiten der Mehrwegquote ein Pfand von 0,50 Mark auf Einwegverpackungen erhoben wird. Bundesumweltminister Jürgen Trittin als grünen Pfand-Buhmann hinzustellen ist schlicht Unsinn. Er hat die Verordnung nämlich nicht fabriziert. Die Wirtschaft hatte neun Jahre Zeit, die Entwicklung auf dem Markt der Einwegverpackungen zu beobachten und zu beeinflussen: Statt jetzt den Vorschlag einer „Selbstverpflichtung“ zu machen, hätten die Verbände einfach mal Lobbyarbeit bei den Mitgliedern machen können, damit die Mehrwegquote hätte eingehalten werden können. Dann stünde man nun nicht vor dem Zwangspfand. Stattdessen wurden vor allem Bier und Wasser in Dosen gepackt und dem Verbraucher angeboten. Der war dumm genug, auf das „Ex! Hopp! Toll!“-Gefühl reinzufallen, statt kurz nachzudenken, was er sich und anderen damit antut.

Zumindest in Teilen der Getränke- und Verpackungsindustrie hätte man sich unter Umständen sogar für eine Abgabe erwärmen können, das wurde hier und dort laut. BDI und DIHT wenden sich also auch noch gegen eigene Mitglieder, wenn sie sich den Lösungsvorschlägen verweigern. Aber nehmen wir doch die Verbände so ernst, wie diese die Verpackungsverordnung: BDI und DIHT wollen sich selbst verpflichten, das ist doch erfreulich. Dazu brauchen sie eigentlich nicht die Genehmigung irgendeines Ministers und auch nicht den Applaus von Umwelt- und Verbraucherorganisationen. Sie müssen ganz einfach bis Anfang nächsten Jahres dafür gesorgt haben, dass die Mehrwegquote eingehalten wird, und das auch noch schnell beweisen – schon ist das Zwangspfand nicht mehr notwendig. Zum Wohle von Verbrauchern und Industrie. MAIKE RADEMAKER