Interne Vermerke belasten Kohl

Für Bestechung bestand kein Anlass, verteidigte sich der Ex-Kanzler gegen den Verdacht, bei Panzer-Deals seien Gelder an die CDU geflossen. Dokumente aus dem Kanzleramt, die der taz vorliegen, lassen den Vorgang in anderem Licht erscheinen

aus BerlinTINA STADLMAYER

Helmut Kohl wird übermorgen im Untersuchungsausschuss in Berlin eine weitere falsche Angabe erklären müssen: Seine Aussagen in einem Fernsehinterview Ende vergangenen Jahres zu den Panzerlieferungen an Saudi-Arabien stehen in deutlichem Gegensatz zu internen Vermerken des Bundeskanzleramtes von 1990, die der taz vorliegen.

„Die Lieferung von 36 Panzern an Saudi-Arabien – können Sie verbindlich erklären, dass in diesem Zusammenhang keine Gelder auf Konten der CDU geflossen sind?“, hatte der ZDF-Journalist Bellut in der Sendung „Was nun, Herr Kohl?“ am 16. 12. 1999 gefragt. „Mit Sicherheit“ seien keine Gelder geflossen, antwortete Kohl. Er begründet dies damit, dass er immer schon für die Panzerlieferungen gewesen sei. Bereits im September 1990 habe er US-Außenminister James Baker, „als er bei mir in Ludwigshafen zu Besuch war“, gesagt, „dass wir die Geräte, die wir liefern können, allen liefern“. Er sei froh gewesen, „dass ich diese Entscheidung treffen konnte, für mich, für Saudi-Arabien“. Aus einem Inhaltsvermerk des Kanzleramtes über das Gespräch mit Baker am 15. September 1990 geht jedoch hervor, dass Kohl penibel alle Zahlungen und Waffenlieferungen für den Golfkrieg aufgelistet hat, eine beabsichtigte Lieferung von 36 Panzern an die Saudis jedoch nicht erwähnte. In einem weiteren Vermerk über eine interne Sitzung der Regierung am 22. Oktober 1990 steht, der damalige Verteidigungsminister Stoltenberg habe „in Absprache mit dem Bundeskanzler“ erklärt, die Bundesrepublik habe nicht die Absicht, „jetzt Waffenlieferungen an Saudi-Arabien vorzunehmen“. Und in einem Fernschreiben des Auswärtigen Amtes vom 16. 10. 1990 heißt es, das Amt beabsichtige, der Firma Thyssen Henschel auf ihre Voranfrage für Lieferungen von Spürpanzern nach Saudi-Arabien einen negativen Bescheid zukommen zu lassen.

Aus allen drei Vermerken ergibt sich, dass Kohl und die zuständigen Minister mindestens bis Oktober 1990 einen Panzerverkauf an die Saudis strikt ablehnten. Vier Monate später, am 27. Februar 1991, gab der Bundessicherheitsrat überraschenderweise dann doch grünes Licht für den Panzer-Deal. Die Regierungsvertreter im Untersuchungsausschuss zur Spendenaffäre gehen deshalb davon aus, dass der plötzliche Sinneswandel in der Regierung Kohl mit hohen Bestechungsgeldern zusammenhängt – zum Beispiel mit der Million, die der Waffenhändler Schreiber kurz nach dem Beschluss im Sicherheitsrat an den CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep übergab. Insgesamt sollen im Zusammenhang mit dem Panzer-Deal über 200 Millionen Mark an Provisionen und Schmiergeldern geflossen sein.