die stimme der kritik
: Betr.: Österreichische Höflichkeit

I würd’ bitte gern amoal den Neger rausgschoasst hoabn

Wir wieder. Immer dieser rüde Umgangston.Wir bitten nicht, wir befehlen, wir regen nicht an, wir schreiben vor. Lesen Sie nur mal, was immer auf den Schildern um Sie herum steht: „Nicht hinauslehnen.“ „Keine heiße Asche einfüllen.“ „Nur die Speisereste für die Schweine.“ Keine Spur von Höflichkeit oder Formulierungslust!

Dabei reicht ein Blick ins kleine Ösi-Nachbarland, um zu lernen, wie man’s richtig macht. Dorthin, wo gerade täglich knapp 5.000 Menschen bei Schlingensiefs „Asylanten raus!“-Hotline angerufen haben, aber wenigstens freundlich waren’s die Herrschaften beim Ausländer-Oanschoassen! Die haben’s nämlich im Blut, die Ösis, vor allem die Wiener und Wienerinnen, die schreiben so langatmig wie eindringlich auf Spendendosen an der Öschi-Kasse: „Bitte helfen Sie uns mit Ihrem Groschen, die Therapie krebskranker Kinder finanziell zu unterstützen!“ Und auf niedliche Schilder an ihren Parkplätzen: „Es wird gebeten, keinen Kehricht vor dem Supermarkt zu deponieren!“

Überhaupt schmeißt der Ösi nie profan weg, er deponiert. An der Damentoilettenwand steht über dem Mülltönnchen in Schönschrift: „Bitte deponieren Sie Ihre Hygiene-Artikel hier in diesem Eimer.“ Für später vermutlich.

Ob der Ösi vielleicht in Wirklichkeit der bessere, höflichere, sprachgewandtere Deutsche ist? Der alles recycelt, sogar Damen-Hygiene-Artikel, der Krebstherapien finanziell unterstützt, der beim Ausländerhassen tugendhaft seine Wünsche per Telefon auf den Weg bringt? „Küss die Hand, I würd’ bitte gern amoal den Neger rausgschoasst hoabn, sonst komm i zum Faschiern, bitte schön!“

Apropos Ausländerhass: Eine Menge „Jagdg’schäfte“ hat’s in der schönen alten Donaumetropole. Dort kann man Scherzartikelpistolen kaufen, aus denen eine kleine Flagge mit „Bang!“ rauswinkt. Aber auch richtig gefährliche Waffen, „Puffn“ sagt man dazu. Und ein Jägerlateinbuch mit dazugehörigem „Sprachtonband“ (österreichisch für Audiokassette mit Sprache): „Richtig blatten“, (also österreichisch für Blattschuss). Auf dem „Cover“ (englisch für österreichisch „Sprachtonbandeinband“) guckt ein Rehlein traurig in die Kamera. Aber sogar diesen finalen Reh-Rettungsschuss kriegt der Ösi-Jäger bestimmt mit Anstand hin. JENNI ZYLKA