Schuld war nicht Rock `n` Roll

Bei einem der größten europäischen Rockfestivals sterben im dänischen Roskilde acht Menschen im Gedränge. Das Fest geht dennoch weiter – und soll auch im nächsten Jahr wieder stattfinden

ROSKILDE taz ■ „Das Roskilde Festival wird nie wieder sein wie vorher“, sagte Veranstalter Leiv Skov am Sonntag vor der Presse. Doch auch im nächsten Jahr werde es vermutlich ein Festival geben. Kurz vor Mitternacht waren am Freitag vor dem größten der sieben Bühnen beim Konzert der US-Band Pearl Jam acht Menschen zu Tode gekommen: zermalmt von begeisterten und stark alkoholisierten Fans des ersten Top-Acts beim viertägigen Megafestival. Die eigentliche Todesursache wird von der Polizei mit Ersticken angegeben.

Spekulationen, die Männer seien gegen die so genannten Wave Breaker, 1,50 Meter hohe eiserne Stangen, die den Publikumsdruck verteilen sollen, gepresst worden, wies Skov von sich: „Niemand hat Schuld, es war ein Unfall.“ Eine Gruppe sei umgefallen, gestolpert, und habe die acht, darunter ein Deutscher, unter sich begraben – weit entfernt von den „Wave Breakern“. Der angeblich rutschige Bodenschlamm – es hatte bis Samstag fast durchgehend geregnet – bedeckte zwar fast das gesamte Gelände, aber vor der Bühne war der Boden speziell präpariert, sodass auch Regen und das Getrampel vieler Menschen ihm nichts ausmachen können. Die Sicherheitsvorkehrungen könnten nicht besser sein, das habe die Polizei bestätigt, so Skov.

Zwei Tage nach der Tragödie scheint nur noch ein leichter Schatten über dem verschlammten Gelände zu liegen. Ein paar geschockte Besucher sind abgereist, aber für viele scheint der Unfall Vergangenheit. Am Samstag und Sonntag war im Publikumsraum allerdings mehr Rücksichtnahme zu spüren. Das Konzert von The Cure, die nach Pearl Jam hätten jene Bühne betreten sollen, wurde aus Pietätgründen abgesagt. Und auch Oasis und die Pet Shop Boys verzichteten auf ihre Shows. Gegen den Willen der Veranstalter: Skov sprach von mangelndem Respekt gegenüber den Fans.

Mit annähernd 100.000 Besuchern war das Festival ausverkauft. Die beiden Bands forderten angeblich Ausfallhonorar, während die Festivalleitung nicht bezahlen will. Respekt gegenüber den Opfern und ihren Hinterbliebenen versuchte man mit einem am Samstag eilig anberaumten Gottesdienst mit dem Bischof von Roskilde auszudrücken. Am Todesort brennen Kerzen, daneben liegen Blumensträuße neben leeren Bierbechern. JENNY ZYLKA

brennpunkt SEITE 3