: Fähnlein Fieselschweif
„Inselduell“ versus Fernsehfreizeit: Sat.1 verschleppt zwölf mittelreife KandidatInnen zum kollektiven Kokosnussschlachten. Seegurken köpfen, Banden bilden sowie rausgewählt werden ist inklusive
von STEFFEN GRIMBERG
Um es gleich vorweg zu sagen: Der wahre Held des „Inselduells“ heißt Holger Speckhahn. Welch ein Moderator! Alle zwei Tage ein neues Hemd. Und sein Grinsen bei den Auf-die-Kamera-zugeh-Moderationen – so hölzern hat noch nie jemand die Zähne gebleckt. Die 13 Robinsons hätten ihn vermutlich am liebsten gleich in der inseleigenen Frischwasserquelle ertränkt. Wir auch.
Die arg künstliche Wasserquelle immerhin haben sie gefunden, gleich am ersten Tag auf dem idyllischen Eiland ohne Haus, Herd und Zahnpasta. Eine Hütte war schnell und überraschend perfekt gebaut, so dass man den Verdacht nicht loswurde, die Truppe habe das Ganze vorher geübt. Nur einer säbelte sich sofort in den Finger, beim Kokosnussschlachten.
Pflanzen und Tiere haben das „Inselduell“ ohnehin schon verloren. Etliche gerupfte Seegurken schmeckten aus Rache richtig scheußlich, und Fischlein wurde per Steinschlag das Lebenslicht ausgelöscht.
So ähnlich sind sich die Inselkoller-Show und „Big Brother“ übrigens nicht: Versprühte die Container-Crew den Flair eines am Regentag in der Jugendherberge zwangskasernierten Haufens von Menschen, die sich nichts zu sagen haben, treffen wir auf der Insel eine etwas ältere Wandergruppe, die sich draußen austobt. Die Krux: Weil Sat.1 nur einmal wöchentlich eine knappe Stunde lang die Höhepunkte aus täglich zehn bis vierzehn abgefilmten Stunden Inselleben zeigt, kommt einem keineR der KandidatInnen so richtig nah. Bis auf Peter (51). Der war nämlich Berufssoldat, kann fast alles und vor allem den Leithammel nicht gut verbergen. Dafür meldet er sich brav bei der Gruppe ab, wenn er vernünftige Dinge wie Regenauffanganlagen für das Duschwasser bastelt, während die anderen an unsinnigen Stellen die Latrine in den Sand setzen. Genau das dürfte den selbst ernannten Leitwolf bald den Kopf kosten – eineR pro Woche muss aufs Festland zurück.
Gleich am Abend des zweiten Tages überbrachte Speckhahn (rotweiß gemustertes Safarihemd) die Kunde, dass schon am nächsten Morgen die Zahl der Inselbewohner auf zwölf zu schrumpfen habe. Entschieden wurde per „Balai“, eine Art Club-Med-mäßig inszenierten Insel-Thing unter Leitung des Safarihemdes. Dort traf es Nina (34), die Stripperin aus Bochum. Ihr Rausschmiss prangte kaum verklausuliert schon seit dem vorletzten Wochenende auf der offiziellen „Inselduell“-Website, Bild und Express posaunten’s durch die Lande und streiten seitdem mit Sat.1. Nina sollte fürs Inselduell so etwas wie „Big Brother“-Sabrina darstellen und die Dosenbier-Zielgruppe ans Freizeit-Format binden, doch unter der Tropensonne ging das Konzept nicht auf: Während alle anderen Kandidaten ein Fähnlein Fieselschweif an pfadfinderhafter Nettigkeit abgaben, wirkte Nina gerade wegen ihrer demonstrativ silikonverstärkten Oberweite peinlich. Die Quittung kam prompt und war natürlich nicht persönlich gemeint.
Wer als nächsteR fliegt, steht auch schon längst fest – schließlich wird seit Anfang Juni gedreht – doch Sat.1 hat fürs erste alle Info-Lecks geschlossen.
„Glücklich“, sagt Sat.1-Sprecher Dieter Zurstraßen, sei man sogar mit den Quoten, auch wenn nur 3,9 Millionen Zuschauer den ersten von neun Teilen sehen wollten – Spitzenreiter am Montagabend war ausgerechnet die ZDF-Wiederholung der „Ungehorsamen Frau“ (4,9 Millionen).
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