quo vadis, muttikultur: kampfhunde töten? von WIGLAF DROSTE
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Wenn die Fähigkeit zu gebären und die Unfähigkeit zu denken sich miteinander verbünden, wird es laut und jabbelig. Die Koalition von Bild-Zeitung und den Berufsmüttern des Landes in der Kampfhundfrage erzeugt Blümeranz. Zwar mag niemand, der bei Trost ist, Kampfhunde und ihre Halter leiden, aber die Schreischlachten, in deren Verlauf panische Mütter Kampfhündinnen immer ähnlicher werden, sind auch nicht schön. Hysterie ist ein mieser Ratgeber. Gedacht wird mit dem Kopf, nicht mit der Mumu oder dem Piller.

Öffentlichkeit ist der Ort, wo alle mitbrüllen dürfen; Kampfmuttis und Kampfhundfittis kreischen einander an. Vielleicht hilft ja ein bisschen Vernunft von der Seitenauslinie. Erstens: Mutterschaft an sich ist nichts Anbetungswürdiges; ein Kind zeugen und in die Welt werfen kann so ziemlich jeder, und entsprechend überfüllt ist die Welt mit den Reprodukten des menschlichen Vervielfältigungsbedarfs. Zweitens: Wer sich ein Kampfschwein hält, ist eben genau das – ein armes Schwein, und auch arme Schweine sind Schweine. Ist aber jeder, der zum Leben zu doof ist und damit anderen Leuten lästig und gefährlich wird, automatisch ein Fall für die Müllabfuhr? Wer entscheidet das? Die notorisch Guten und Sauberen, die sich mit ihrer langweiligen DIN-A4-Wohlanständigkeit fingerdick bestreichen?

Hätte es schon früher ein Kampfhundverbot gegeben, hört man, wäre viel Schlimmes verhütet worden. Das ist wahr. Franz Josef Strauß zum Beispiel hätte nie gelebt. Soll man also konsequent sein und alle Kampfhunde umbringen? Auf die vage Aussicht hin, dass eine Welt ohne die Mastino-Lachfratze von Gerhard Schröder eine bessere wäre? Müssen Oliver Kahn und Carsten Jancker wirklich eingeschläfert werden? Und ihr Halter Franz Beckenbauer mit ihnen? Werden alle BMW-Fahrer getötet? Ginge auch der tiefergelegte Breitreifentürke von nebenan über die Wupper? Genau wie Schumi – der vor zwei Jahren dasselbe Schicksal für die mörderischen Skunkheads von Lens forderte? Und der ehemalige Bockenheimer Pitbull, der heute als magersüchtiger Außenminister im langen Abfluss zu sich selbst sein Gnadenfrolic bulimiert, kommt der auch weg?

Zugegeben: Die Aussicht scheint verlockend. Die Stimme der Ratio hat viel für sich. Vor nicht langer Zeit hätte man gesagt: Seelenlose Kampfmaschinen sind ein Fall für die RAF – für die Rottweiler-Abdeck-Fraktion. Und das stimmt ja auch. Was an dem Gedanken aber ernsthaft stört, ist das Präpotente daran: Andere sollen tun, wozu man selbst nicht fähig ist. Das ist nicht gut. Delegieren ist feige. Man soll nicht von anderen verlangen, was man selbst zu tun nicht imstande oder bereit ist. Wer Kampfhunde jedweder Art nicht persönlich von dieser Welt entfernen will und kann, muss mit ihnen leben. So hart das auch ist.

Sogar noch schwerer zu erdulden als Kampfhunde selbst sind allerdings jene, die sagen: „Die Kampfhunde sind die Juden von heute.“ Diese Deutschländer muss man vielleicht wirklich persönlich zum Tierarzt bringen.