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: Joey Kelly startet morgen beim Triathlon in Roth

Der Popstar wird zum Ironman

Von Joey Kelly, dem Triathleten, gibt es einige ganz schön verrückte Geschichten zu erzählen. Über seinen ersten Ironman zum Beispiel, 1997 in Roth war der. Da ist Joey Kelly gestürzt beim Radfahren, irgendwo bei Kilometer 120. Das Schlüsselbein ging zu Bruch, aber das machte Kelly bis auf ein paar Schmerzen nichts weiter aus. „Ich wollte es unbedingt schaffen“, erinnert er sich; und also biss er sich tatsächlich durch bis ins Ziel.

Oder sein Auftritt vor einem Jahr, wieder im Fränkischen. Da kam Kelly, der zudem ein Popstar ist, tief in der Nacht aus Wien angereist, wo er mit seiner Familie ein Konzert gegeben hatte. Richtig dreckig ging es ihm am nächsten Tag, weil er müde war und auch ein bisschen krank. Über die Strecke hat er sich dennoch gequält, schon weil ein Sponsor 20.000 Mark für Unicef spenden wollte, sollte Kelly es erneut schaffen. Er hat es geschafft, aber noch nicht einmal Zeit zur Freude darüber ließ man ihm, weil schon ein Hubschrauber bereit stand, der ihn nach München flog, wo er schon bald darauf im Olympiastadion wieder auf der Bühne stand – noch die Startnummer auf der Brust.

Oder Hawaii 97. Kelly rief damals persönlich drüben an. Erzählte den Organisatoren, dass er Joey Kelly sei und gern bei ihrem berühmten Ironman teilnehmen würde, auch wenn er erst einen Triathlon hinter sich gebracht habe, immerhin aber mit gebrochenem Schlüsselbein. „Du kannst kommen“, haben die Organisatoren zu ihm gesagt, und also ist Kelly rübergeflogen und hat auf Hawaii seinen zweiten Ironman beendet. Das Verrückteste an dieser Episode aber kam erst noch, in Form von Leserbriefen nämlich, die den Kollegen vom Fachmagazin Triathlet gleich seitenweise das Blatt gefüllt haben. Die meisten mit der unschönen Meinung, dass es doch eine Sauerei sei, einen in ihrem Paradies starten zu lassen, bloß weil der Kelly heiße, gar nicht ordentlich qualifiziert sei und somit kein echter Triathlet. Die Szene der Eisenmänner ist eigen, und offenbar hat es viele gegeben, die Kelly für einen Handschuhschneeballer gehalten haben, was ja auch irgendwie verständlich ist, bei der Musik, die seine Familie macht.

Schwamm drüber, vergessen, längst hat der 27-Jährige bewiesen, dass er wirklich ein Eisenmann ist. Elf Ironmen hat er mittlerweile absolviert, 1998 gleich acht in einem Jahr plus dem „Ultraman“ auf Hawaii, bei dem es über die dreifache Langdistanz (11,4 km Schwimmen, 540 km Radfahren, 130 km Laufen) geht und bei dem Kelly als Siebter ins Ziel kam. Wie ihn überhaupt die Extreme anziehen, immer mehr. Beim „Marathon de Sables“ hat er zu Fuß die Sahara durchquert, ein anderes Mal nahm er bei einem 100-Meilen-Lauf durch Nepal teil in bis zu 5.000 Meter Höhe, dann wieder ist er durch die Eiswüste Alaskas gerannt.

„Das hat mir Respekt verschafft“, glaubt er, „seither bin ich akzeptiert.“ Seine Ironman-Bestzeit steht bei 10:50 Stunden, aufgestellt in Zürich; und dass Kelly auch bei all seinen anderen Rennen stets die Zeit dazu aufsagen kann, zeigt, wie sportlich er die Sache sieht. Rund 20 Stunden Training zwackt er sich pro Woche ab, oft geht Kelly nach den Konzerten noch laufen, tief in der Nacht, wenn all die Teenies, die tagsüber die Hallen belagern, längst wieder im Bett liegen. „Sport ist für mich Ausgleich und Urlaub“, sagt Kelly. Ausgleich vom Tourstress und Urlaub ein bisschen auch vom Ich, vom Ich des Popstars. „In Roth“, sagt Joey Kelly, „bin ich ein Nichts.“

Einer von Hunderten, die, wie auch diesen Sonntag wieder, morgens im Kanal stehen und irgendwann nachmittags oder abends ankommen wollen auf dem Festplatz. Und von denen so mancher träumt vom Paradies, in dem Kelly einmal schon war und in das er unbedingt zurückkehren möchte, richtig qualifiziert und ganz ohne Protestbriefe. „Die Quali für Hawaii hole ich mir auch noch, keine Frage“, sagt Joey Kelly, der Triathlet. FRANK KETTERER