DIESES JAHR WERDEN STEUERN UND RENTEN DAS SOMMERLOCH FÜLLEN
: Kein Konsens, sondern Sommertheater

Was Moderator Schröder schon lange befürchtet hatte, ist jetzt doch eingetreten: kein Konsens, dafür verlässliches Sommertheater. Denn die Union will aus den Rentengesprächen aussteigen und die Steuerreform im Bundesrat blockieren. Zwei Themen, mit denen sich vorzüglich Stimmung gegen die Regierung machen lässt, schließlich geht es um das Portemonnaie der Bürger.

Da spielt es für die Union keine Rolle mehr, dass ihr die Regierung bei beiden Themen sehr weit entgegengekommen ist. So hat Finanzminister Eichel bei der Steuerreform eine Senkung des Spitzensteuersatzes auf 43 Prozent angeboten. Die Union will aber 42 Prozent – wahrlich ein großer Unterschied. Da die Blockade der CDU taktisch ist und keine Überzeugungstat, lässt sich schon jetzt prognostizieren, dass die Steuerreform trotzdem zum kommenden Januar in Kraft treten wird. Denn nach einem zweiten Vermittlungsverfahren wird die Union im Bundesrat wohl zustimmen müssen – wenn sie es sich mit der Wirtschaft nicht verscherzen will, die auf eine Steuerreform drängt.

Bei der Rente sind die Interessenslagen noch komplizierter. CDU-Merkel und CSU-Stoiber verlangen von Kanzler Schröder eine schriftliche Anwort auf angeblich grundlegende Fragen. Tatsächlich geht es um vier kleine Details: ob die Rente im kommenden Jahr nur an die Inflation angepasst wird, ob die Kommunen durch die Mindestsicherung belastet werden dürfen, wie Familien mit Kindern besonders gefördert werden und um die Formel, nach der das künftige Rentenniveau berechnet wird. Bei allen vier Fragen hat Arbeitsminister Riester bereits Entgegenkommen signalisiert – über Einzelheiten wollte er bei den Konsensgesprächen reden. Doch das wird wohl nichts. CSU-Chef Stoiber hat plötzlich „Verständnis für den Unmut der Gewerkschaften“. Das ist natürlich geheuchelt, denn die Rentenpläne der Union sind auch nicht sozialer als die der Regierung.

Allerdings hat sich Arbeitsminister Riester äußerst ungeschickt verhalten. Fixiert auf einen Konsens mit der Union hat er gleichzeitig die eigene Fraktion vernachlässigt. Jetzt sind ein Drittel der SPD-Abgeordneten und die meisten Gewerkschaften gegen seine Reformpläne. Klar, dass die Unionsvertreter dies ausnützen. „Wir wollen nicht die Mehrheitsbeschaffer sein“, sagte Angela Merkel gestern ganz offen.

Auch wenn uns der Rentenstreit wohl durch den Sommer begleiten wird: Leider ist er mehr als nur ein Sommertheater. Darauf reduziert ihn zwar die Union und verhält sich entsprechend taktisch – doch zu Recht weisen Gewerkschaften und Sozialverbände auf grundsätzliche Gerechtigkeitslücken hin. Womit Riester seine Sommerpause also verbringen sollte: mit neuen Konsensgesprächen, diesmal im eigenen Lager. TINA STADLMAYER