Zahl der Woche
: Nach dem Ölteppich jetzt der Kampf ums Geld

Bretagne fordert Schadenersatz

Ein halbes Jahr nach der Tankerkatastrophe der „Erika“ vor der französischen Atlantikküste erreicht die schwarze Brühe jetzt Behörden, Anwohner und die Ölfirma TotalFinaElf dort, wo es besonders weh tut: am Portemonnaie. Denn nachdem Spezialisten, Helfer und Medien die Region verlassen haben, wird abgerechnet. Der Schaden für die Tourismusindustrie, so schätzt die französische Regierung, beträgt umgerechnet 450 Millionen Mark – bei 450 Kilometern verölten Stränden sind das 1.000 Mark Schaden pro Meter Strand.

Wer soll das bezahlen? Natürlich die un-verantwortliche Ölfirma TotalFinaElf, die die marode „Erika“ gechartert hat, sagen die Bretonen. Die Stadt Mesquer hat deshalb einen Musterprozess angestrengt, um die Ölfirma zur Zahlung der Reinigungsarbeiten zu verpflichten. Hat die Stadt Erfolg mit ihrer Klage, werden 50 weitere Orte an der Küste ebenfalls vor Gericht ziehen. Der Konzern mit einem Gesamtumsatz von 6,4 Milliarden Mark hatte für die Aufräumarbeiten etwa 60 Millionen Mark bereitgestellt, sich aber geweigert, für die Säuberung von ölverdreckten Lagerplätzen zu zahlen, und in einer Anzeigenkampagne seine Rolle bei den Aufräumarbeiten rosarot dargestellt – während die meisten Strände von Freiwilligen gesäubert worden waren. Nachdem die „Erika“ im Dezember 1999 im Sturm auseinandergebrochen war, waren etwa 15.000 Tonnen Öl ausgelaufen und hatten rund 180.000 Tonnen Abfall verursacht.

Der Streit ums Geld wird zäh werden.

Die französische Regierung hat beim Ölpest-Entschädigungsfonds der Ölgesellschaften in London einen Antrag auf eben 450 Millionen Mark gestellt, auch wenn der tatsächliche Schaden erst am Ende der Feriensaison abzuschätzen sei. Der Fonds jedoch kann maximal 360 Millionen Mark Entschädigung zahlen und hat angekündigt, erst einmal nur 225 Millionen zu überweisen.

Die Bergungsarbeiten an der „Erika“ gehen unterdessen weiter: Inzwischen wurden etwa 1.000 Tonnen Öl aus den Wrackteilen abgepumpt. In den Tanks der zwei Schiffsteile, die in 120 Metern Tiefe auf dem Meeresgrund liegen, schwappen immer noch rund 18.000 Tonnen Öl – genug für eine zweite große Ölpest. BERNHARD PÖTTER