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Hier informiert Sie der „Tagesprophet“:

Kleine Potter-Belehrung für den schnöden Muggel: Über Professor Lupin, Dementoren, Sirius Black, Quidditch und den Goldenen Schnatz

BERLIN taz ■ Bei den Harry-Potter-Bänden handelt es sich um fantastische Literatur. Aber um eine, die den Leser in seiner eigenen Wirklichkeit abholt. Erst im Kontrast zur fußgängerischen Sphäre der Muggel, der nicht magischen Erdenbürger, entfaltet sich die flugbesengestützte Grazie der Zaubererwelt. Tatsächlich leben die Hexen und Zauberer mitten unter uns, umgeben sich und ihre Infrastruktur aber mit Vergessenszaubern. Der beste Schutz jedoch ist die Ignoranz der Muggel. Kaum einer beträte wohl freiwillig die verranzte Londoner Eckkneipe „Zum tropfenden Kessel“, die den Eingang zur Winkelgasse darstellt, das hauptstädtische Einkaufszentrum der Magier. Hier kauft Harry alles, was ein Schüler der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei braucht: einen schwarzen Spitzhut, Schutzhandschuhe aus Drachenhaut, einen Zinnkessel Normgröße zwei, ein Teleskop und einen Zauberstab.

Bis hin zur Eule, die die Post besorgt, ist in Joanne K. Rowlings Zaubererwelt alles genau so, wie man es ganz kleinen Kindern aufmalen würde. Eulen tragen aber auch die Zeitung aus, den „Tagespropheten“ – und zwar genau dorthin, wo sich der Abonnent gerade befindet. Ohnehin gibt es für eine Sache, die beschlossen ist, keine Hindernisse. Harrys Verwandte wollten ihm verheimlichen, dass er das Kind von Zauberern ist, doch der Brief der Zaubererschule stürzt – jeweils aktuell adressiert, etwa: „Mr. H. Potter, Der Fußboden, Hütte-auf-dem-Fels, Das Meer.“ – hundertfach auf jedes Versteck nieder, in das sie ihn bringen.

An seinem elften Geburtstag erfährt Harry Potter nun, wer er ist, und gemeinsam mit ihm erfährt der Leser noch ganz andere Dinge. Zum Beispiel, dass sich die Personen auf den Bildern oder Fotos der Zaubererwelt bewegen. Oder dass alle Zauberer wild auf Quidditch sind, eine Art Luftfußball, der von vierzehn Spielern auf fliegenden Besen gespielt wird, mit sechs Torringen auf hohen Stangen, vier fliegenden Bällen und dem Goldenen Schnatz, einer winzigen Kugel, die plötzlich ins Spiel hineinsaust.

Interessanter als zauberische Analogien zu Muggelphänomenen sind aber originäre Wesen wie der glupschäugige Hauself Dobby, der sich Harry zu Beginn des zweiten Bandes mit unklarer Unterwürfigkeit nähert. Wie man mit solchen Wesen umgeht, kann am besten Professor Lupin erklären, der im dritten Band Verteidigung gegen die dunklen Künste lehrt, und, da er selbst ein Werwolf ist, wirklich etwas von der Sache versteht. Selbst gegen die Dementoren lehrt er Harry sich zu schützen – Zombies, die alle Freude aus ihrer Umgebung saugen.

Charmante und unheimliche Figuren fließen ineinander, und gerade diejenigen, die zunächst bedrohlich wirken, wachsen den Lesern am meisten ans Herz. Auf der Homepage des US-Verlages Scholastic (www.scholastic.com) kann man die Figur wählen, der man am liebsten wieder begegnen möchte. Derzeit liegt Sirius Black in Führung, der am Anfang des dritten Bandes von Muggeln wie Zauberern als dem Gefängnis enflohener Massenmörder gefürchtet wird, und der sich am Ende als Harrys Pate entpuppt. peko

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