Für drei Jahre in Haft

Urteile zum Synagogen-Anschlag in Erfurt: Die zwei Haupttäter gehörten schon länger der rechten Szene an und wollten ein Signal setzen

DRESDEN taz ■ Drei Jahre beziehungsweise zwei Jahre und drei Monate – diese Haftstrafen verhängte gestern das Thüringer Oberlandesgericht in Gera wegen versuchter schwerer Brandstiftung und Verstoßes gegen das Waffengesetz gegen die beiden Hauptangeklagten Andreas J. und Carsten H. Wegen der Schwere der Tat hatte die Karlsruher Bundesanwaltschaft die Anklage vertreten.

Die Kammer des Oberlandesgerichts unter Vorsitz von Richter Erich Rachor sah es als erwiesen an, dass der 18-jährige Andreas J. und sein 17-jähriger Komplize Carsten H. am Gründonnerstag aus Bierflaschen, Spiritus, Kohleanzünder und Öl zwei Molotowcocktails gebaut und gegen die Rückfront der Erfurter Synagoge geschleudert hatten. David K., der Fahrer der beiden Hauptangeklagten, wurde wegen Beihilfe zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Mit ihrem Urteil blieb die Kammer unter den Anträgen der Bundesanwaltschaft. Diese hatte am Mittwoch auf dreieinhalbjährige Haftstrafen für die beiden Hauptangeklagten plädiert. K. sollte nach dem Willen der Bundesanwaltschaft neun Monate auf Bewährung bekommen. Die Verteidigung hatte auf Bewährungsstrafen für die Hauptangeklagten und Freispruch für K. plädiert.

Der Karlsruher Oberstaatsanwalt Wolfgang Siegmund begründete das geforderte Strafmaß so: „Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und aus Gründen der inneren Sicherheit darf nicht zugelassen werden, dass in diesem Lande Vorstellungen über einen erneuten Holocaust wieder aufflammen.“

Genau dies hatten die beiden Hauptangeklagten nämlich bezwecken wollen. Der 17-jährige Karsten H. hatte vor Gericht erklärt, er habe mit seiner Tat ein deutschlandweites Signal für die rechte Szene geben wollen und darauf gehofft, dass dieses Signal deutschlandweit Nachahmer findet.

Andreas J. sagte aus, man habe Hitlers Geburtstag bewußt als Tattag gewählt. „Wir wollten damit zeigen, dass der Nationalsozialismus und Hitlers Ideen noch leben.“ Die beiden Hauptangeklagten berichteten in der polizeilichen Vernehmung unmittelbar nach dem Anschlag vom „Freudentaumel“ ob ihrer Tat. In Gera erklärten sie jedoch, die Tat zu bereuen.

Richter Rachor versuchte ihren politischen Werdegang nachzuzeichnen. Danach hatten sich die Täter schon im Alter von 14 Jahren für rechtsradikale Parolen und Gruppen begeistert. Sie hörten Skinheadmusik und lasen nationalsozialistische Propagandaschriften. Auch bezogen sie die in Deutschland verbotene Postille „NS-Kampfruf“ aus Amerika. J. war von 1997 bis 1999 Mitglied der NPD. NICK REIMER