Soundcheck

Gehört: Rickie Lee Jones. Sie beginnt, ohne Umschweife, mit dem Anfang. Mit „Weasel And The White Boys Cool“, einem der vielen heimlichen Hits von ihrem ersten Album. Der Song ist jetzt 22 Jahre alt, verfängt aber wie damals, als Rickie Lee Jones fast über Nacht mit Genre-Größen wie Joni Mitchell und Laura Nyro gleichzog. Dank einer Stimme, die aus bittersüßer West-Coast-Poesie beinahe wahre Geschichten macht.

Noch immer ist der Off-Beat von „weasel“ für weiche Knie gut – aber die Nostalgie wird mit Würde neu inszeniert: Zu Rickie Lee Jones' Modulation gehört Vernuscheln in den Höhen. Das funktioniert wie eh und je, sogar mit dieser leicht kippeligen Band, in der die Percussionis-tin nach allen Seiten ausschert.

Die anderen immerhin wissen, was sie zu tun haben. Es ist – hier ein kurzes Gitarren-Riff, da ein rasches Züngeln mit der Orgel – imponierend wenig. Das Geschehen im Jazzport-Zelt beginnt einer magischen Privatvorstellung zu gleichen. Rickie Lee Jones wechselt von der Gitarre zum Klavier und legt die verhangene Essenz von „Coolsville“ frei. Dann wieder Gaspedal, Überholspur: „The Last Chance Texaco“, nach wie vor eines der schönsten Hörspiele der Rock-Geschichte. Später scattet und swingt sie, gibt eine abgeklärte Version von „My Funny Valentine“ preis. Es folgt „Ghost Train“, fast ein Rock'n'Roll-Song, weil Rickie nun auf der E-Gitarre sogar ein wenig attackiert. Und zum Schluss trällert sie noch eine alte Steely-Dan-Nummer: „Show business kids makin movies of themselves/ You know they don't give a fuck about anybody else...“

Zeitmaschine einmal anders: Hätte Rickie Lee Jones mit diesem Repertoire gerade erst debütiert, sie wäre sofort der neue Star. So aber warten wir in Demut auf ihre nächste Metamorphose bzw. auf das bereits angekündigte Album mit den Jazz-Veteranen Richard Davis und Buddy Montgomery. Andreas Schäfler

Zeichnung: Martin tom Dieck