Soundcheck

Gehört: Jose Alberto & Celia Cruz, Jazzport. Pfeifen kann er wie kein zweiter. Nach einer guten halben Stunde Parforceritt durch eigene Hits und Latin-Klassiker zeigte uns José Alberto, warum man ihn „El Canario“ nennt: Der New Yorker Salsero dominikanischer Herkunft, früher Sänger von Típica 73, pfiff ein virtuoses Querflötensolo, und zwar ohne Querflöte und doppelten Boden. Leider pfiff er auch auf die Etikette, die da heißt, dass der Salsero Showbiz und Politik auseinander halten soll, und machte ausgerechnet Compay Segundo's „Chan Chan“ zum Vehikel seiner Fidel-Ressentiments. Mit „Cuba libre, Cuba libre“-Chören führte er die des Spanischen nicht Mächtigen hinters Licht, beseelt sangen sie mit und dachten wohl an den Longdrink.

Celia Cruz dagegen wusste, was sich gehört. Standesgemäß angetan mit silbernem Abendkleid, blonder Tina Turner-Perücke sowie schwerem Collier, das im Verlauf des Abends allerdings abgelegt werden musste, sang sie von Cubas schönen Landschaften und Palmenhainen und davon, wie unvergleichlich Havanna sei (“Canto A La Habana“). Und verzichtete da-rauf, uns ihre imposante Erscheinung durch exilkubanische Gehässigkeiten zu verleiden.

Der Ton, den Doña Celia traf, war nicht immer der, den das orquesta von José Alberto spielte, aber er hätte das Meer teilen können. Und die natürliche Autorität ihres Timbres ließ nicht im Ansatz den Verdacht aufkommen, es könne an ihr liegen. Bis auf ihren aktuellen Salsotheca-Hit „La Vida Es Un Carnaval“ dominierten Klassiker aus den 70ern und 80ern das Programm, wie schon vor drei Jahren am selben Ort. Und wie schon seit einem halben Jahrhundert liegt das Eheglück der Señora in den Händen von Pedro Knight, der als weißhaariger Dirigent im Smoking eine ausgezeichnete Figur machte, und seiner Gattin bei dem Duett „Usted Abusó“ herzerweichend zur Seite stand.

Christoph Twickel