berliner szenen
: Mit dem Handy im Bus

Modernes Reden

Beethovens „Für Elise“ ist am schlimmsten. Dicht gefolgt von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“. Es nervt, überall von penetrantem Handygedudel verfolgt zu werden, ob in der U-Bahn, beim Friseur, am Arbeitsplatz oder beim Waldspaziergang. Das erinnert an die Zeit, als man ständig von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ gepeinigt wurde, egal wo man sich gerade aufhielt.

Warum ausgerechnet jene Zeitgenossen ein klassisches Motiv für ihren Handyanrufton wählen, die eigentlich so aussehen, als bevorzugten sie eher die Backsteet Boys oder Modern Talking, ist ja auch nicht so ganz klar. Vermutlich gehört die Frage in die Kategorie Selbstwahrnehmung und Außendarstellung.

Manchmal jedoch ist Handyklingeln wie Musik, wie eine liebevolle Erinnerung: „You are not alone.“ Kürzlich klingelt im Bus mein Mobiltelefon. Auf dem Platz vor mir lässt sich ein älterer Herr nieder. Als habe er nur darauf gewartet, dreht er sich um und wirft mir feindselige Blicke zu. Schließlich zischt er: „Hier ist ein Bus und keine Telefonzelle. Beenden Sie sofort Ihr Gespräch!“ Ob ich nicht telefonieren könne, wo ich wolle, frage ich ihn. „Nein, können Sie nicht. Lesen Sie doch die Beförderungsbedingungen, da steht drin, dass Telefonieren im Bus verboten ist.“ Ich weise ihn darauf hin, dass er sich ja woandershin setzen könne, und telefoniere tapfer weiter. „Werden Sie nicht noch frech, Sie dumme Kuh.“

Mittlerweile schaut der ganze Bus amüsiert zu uns herüber, eine junge Frau hält ihr Handy hoch und lässt es laut klingeln. Der Mann wird lauter: „Unerhört, ohne Fahrschein und noch nicht mal die Beförderungsbedingungen kennen, alle rausschmeißen!“, tobt er. Ich gebe auf und setze mich ein paar Meter weiter vorn hin, frage den Nervtöter aber noch, ob er Probleme habe. „Nein, ich habe kein Problem, ich hab nur ein Problem mit Gesetzesbrechern.“

Als ich dann an der nächsten Haltestelle den Bus verlasse, klingeln im Bus plötzlich solidarisch die Handys. Eigentlich ist „Für Elise“ doch ganz schön. PW