Kämpfen und reden

Ignorantes Berlin: Eine Diskussion über Migrantenkultur

Künstler sind ein sensibles Volk. Man muss sie hegen und pflegen, ihnen das Gefühl geben, wichtig zu sein. Doch einige von ihnen sind wichtiger als andere – eine Besonderheit, die auch finanziell zu spüren ist. Der chronisch knappe Berliner Kulturetat sieht nicht einmal 1 Prozent seiner Mittel für die Förderung ausländischer Künstler vor, obwohl 12 Prozent der Einwohner Berlins nichtdeutscher Herkunft sind. Ein Zeichen dafür, dass die Migrantenkultur immer noch einen Exotenstatus hat, und das zentrale Thema einer Gesprächsrunde aus Politikern und Kulturschaffenden, die sich am Dienstag im Haus der Friedrich-Ebert-Stiftung einfand.

Zunächst ging es natürlich ums liebe Geld. Das ist bekanntermaßen knapp, da kann auch der offenbar als Prellbock geladene Vertreter des Kultursenats, Peter Fischer, nichts für – auch wenn sich Moderator Cem Dalaman und die Grünen-Abgeordnete Alice Ströver noch so sehr bemühten, ihn für die finanzielle Kunstmisere zur Verantwortung zu ziehen. Die Künstler selbst hebt das Thema schon lange nicht mehr an – die Suche nach Sponsoren gehöre zum Schaffensprozess mittlerweile dazu.

Doch sosehr man sich einig darüber war, dass generell mehr Geld für die Kunstförderung gebraucht werde, so sehr gingen die Meinungen darüber auseinander, woran es liegt, dass die Migrantenkultur in der Öffentlichkeit nur wenig wahrgenommen wird. Sind die ausländischen Künstler in Berlin wirklich so wenig integriert? Ein Sündenbock, auf den sich alle einigen konnten, war schnell gefunden: die Medien, die die Arbeiten nichtdeutscher Künstler ignorieren und damit zu einer Off-Kultur machen. Doch dieser Vorwurf greift zu kurz. Ist das mangelnde Interesse nicht auch damit zu begründen, dass die Künstler bewusst nur ein bestimmtes Zielpublikum ansprechen?

Dieses Problem sehen auch die Künstler selbst. Sie fühle sich als Teil einer neuen Generation, die Brücken zwischen den Kulturen bauen wolle, so die persische Schauspielerin Tais Farsal. Und wenn die deutsche Gesellschaft ihre ausländischen Künstler noch immer nicht integriere, dann müssten diese eben darum kämpfen und sich nicht in Nischen zurückziehen: „Solange wir schweigen, werden wir nichts bekommen.“ Erst wenn das Etikett „exotisch“ ausgedient habe und ausländische Künstler als gleichberechtigte Teile der Gesellschaft verstanden würden, könne Berlin sich guten Gewissens als Kulturmetropole bezeichnen. SUSANNE KATZORKE