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Zwischen Hippness und Arbeitsamt

Events müssen gemanagt werden. Das Arbeitsamt hat daher eine Fortbildung zum „Kongress- Messe- und Eventmanager“ ins Leben gerufen. Der steinige Weg zum Ziel führt jedoch eher über möglichst viele Praktika

Die Stadt platzt vor Events, und irgend jemand muss die ja organisieren – von Massenveranstaltungen wie Love Parade und Karneval der Kulturen bis hin zu Szene-Events. Coole Leute zusammentrommeln, mit dem Bezirksamt um Getränkekonzessionen feilschen und überhaupt Party machen, das ist alles hochgradig hip. Und Aufgabe des Eventmanagers.

Fast jedenfalls. Stadt- und Szene-Events sind bei Berliner Eventagenturen eher die Ausnahme. Die meisten arbeiten vor allem für Firmen, zum Beispiel bei Motivationsveranstaltungen für Mitarbeiter oder Produktpräsentationen (so spannende Sachen wie ein neuer Gabelstapler). Zu den Aufgaben des Eventmanagers gehören nicht nur die konzeptionelle Planung der Veranstaltung und das Buchen von Show-Acts, sondern mitunter auch das Aufstellen von Namensschildchen. Trotzdem haftet dem Berufsfeld – wie der Werbebranche überhaupt – etwas glitterhaft Erstrebenswertes an.

Im Gegensatz zum Arbeitsamt. Das wiederum hat am Markt eine Nachfrage nach Eventmanagern ausgemacht und sich prompt mit Weiterbildungsträgern zusammengesetzt, um eine Fortbildung ins Leben zu rufen. In Berlin veranstaltet die Novum Bildung und Wissen GmbH zwölfmonatige Kurse (einschließlich eines dreimonatigen Praktikums) mit dem zertifizierten Ziel „Kongress-, Messe- und Event-Manager(in)“. Voraussetzung für die Teilnahme sind eine abgeschlossene Berufsausbildung und Arbeitserfahrung. In den Kursen lernen die zwanzig Auserwählten dann neben der Planung und Durchführung von Veranstaltungen kaufmännische und rechtliche Grundlagen sowie EDV und Englisch. Der nächste Kurs startet im Oktober, noch sind Plätze frei.

Michael Poschmann ist Geschäftsführer der AVB-Eventdesign, nach eigenen Angaben mit 22 Jahren die älteste Eventagentur in Berlin. Die Eröffnung der Galeries Lafayette und eine Tagung der Weltbank gehören zu ihren Projekten. Der Flexibilität wegen arbeiten bei AVB neben drei festen Projektleitern regelmäßig um die fünf Freiberufler, die – durchaus branchenüblich – zwischen bis zu sieben Agenturen pendeln. Als Poschmann selbst durch einen Bekannten als Quereinsteiger in die Branche kam, hatte er noch nicht einmal gewusst, dass es sie gibt. Damals arbeitete er beim ZDF als Mediengestalter und war für die Software der durchaus glamourösen Anzeigenwände beim „Großen Preis“ und der „Pyramide“ zuständig – der Schritt zur Eventpräsentation war gar nicht so weit.

Auf die Frage, ob er seine Leute aus Weiterbildungskursen rekrutiere, entgegnet er in völlig undramatischen Ton: „Auf gar keinen Fall.“ Jedenfalls nicht, wenn das alles ist, was die Bewerber zu bieten haben. Für Neulinge sieht Poschmann vor allem einen Weg, den Fuß in die Tür zu bekommen: „Praktikum, Praktikum, Praktikum.“ Auch hier sollten die Bewerber bereits eine Ausbildung hinter sich oder Berufserfahrung in irgendwas haben. Frisch gebackene Hochschulabsolventen haben praktisch keine Chance auf einen Platz. „Nach vier oder fünf Praktika hat man dann ein Know-how zusammen, mit dem man dann etwas anfangen kann“, so Poschmann.

Gerade für jemanden, der schon im Berufsleben stand und sich an Geld gewöhnt hat, keine so prickelnde Aussicht. Für ein oder zwei Jahre kämen da gerade mal fünfhundert bis tausend Mark in die Kasse, denn mehr gibt’s für Praktikanten nicht. Trotzdem sind die Plätze so gefragt, dass es die Eventagenturen nicht einmal nötig haben, sie zu inserieren. Das würde ihnen von der Konkurrenz schon fast als Eingeständnis von Schwäche ausgelegt werden: Die Zahl der ungefragt eingegangenen Bewerbungen gilt in der Branche als so etwas wie ein Popularitätsbarometer. MARTIN KALUZA

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