Bildung und Kultur werden geschont

Die große Koalition hat sich auf den Haushalt 2001 verständigt. Keine weiteren Einsparungen bei Lehrern und mehr Computer für Schulen. Die Opposition hält die auf 5,5 Milliarden Mark erhöhten Vermögensverkäufe für unrealistisch

Nach einer 16-stündigen Marathonsitzung hat der Senat in der Nacht zu Samstag den Haushalt 2001 beschlossen. Der Etat wird im nächsten Jahr mit 39,9 Milliarden Mark erstmals unter der 40-Milliarden-Marke liegen. Insgesamt werden 1,1 Milliarden Mark gespart. Die Hälfte davon muss allerdings noch durch sogenannte pauschale Minderausgaben aufgelöst werden.

In den Bereichen Bildung und Kultur wird im kommenden Jahr nicht so stark gespart wie in anderen Ressorts. Die Lehrer sind als Einzige von Personalkürzungen verschont geblieben. SPD-Schulsenator Klaus Böger, der den Lehrern bereits eine zusätzliche Unterrichtsstunde ab Herbst verordnet hat, kann ihnen zur Abwechslung eine gute Nachricht überbringen. Mit verstärkter Teilzeitarbeit der Pädagogen soll zudem der Einstellungskorridor für junge Lehrkräfte erweitert werden. Für Schulcomputer stehen im nächsten Jahr 17,5 Millionen Mark zur Verfügung, bis 2004 sind es insgesamt knapp 100 Millionen Mark. Außerdem erhalten die Bezirke mehr Geld als geplant, um die bauliche Unterhaltung von Straßen, Schulen und Kitas sicherzustellen.

Für Jugendprojekte im Sozial- und Sportbereich werden fünf Jahre lang 25 Prozent der Lottomittel festgeschrieben. Dies entspricht etwa 35 Millionen Mark, die erst mal in den Landeshaushalt eingestellt werden. Bei Kindertagesstätten setzt der Senat jetzt verstärkt auf freie Träger, die sich als kostengünstiger erwiesen haben. Ihre Kitaplätze sind um etwa 10 Prozent billiger als in staatlichen Einrichtungen.

Eine happige Kürzung trifft die Bäderbetriebe: Ihr Zuschuss wird von derzeit 100 Millionen Mark um 7,5 Millionen Mark gekürzt. Kritiker befürchten, dass diese Maßnahme zu Preiserhöhungen oder Bäderschließungen führen wird.

Kultursenator Christoph Stölzl (parteilos) kann das Defizit der staatlichen Bühnen mit Erlösen aus Grundstücksverkäufen ausgleichen. Außerdem wird ein Abfindungsfonds eingerichtet, um den Personalabbau an Opern und Theatern zu erleichtern. Im Wissenschafsetat gibt es allerdings schwere Einschnitte: Die 400 Millionen Mark, die dem Universitätsklinikum Charité für die Sanierung des Bettenhochhauses in Mitte zugesagt worden waren, sind gestrichen (siehe auch Seite 20). „Als Wissenschaftssenator ist Stölzl ein Totalausfall“, kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Bernd Köppl.

Einen Teilerfolg konnte Innensenator Eckart Werthebach (CDU) erzielen: Von den 75 Millionen Mark, die der Bund für die Hauptstadtsicherheit bereitstellt, fließen nur zwei Drittel direkt in den Landeshaushalt. 25 Millionen kann Werthebach für den Bau einer Polizeileitstelle im Regierungsviertel und für Schutzwesten für Polizeibeamte ausgeben. Der größte Haushaltsposten, die Gehälter des öffentlichen Diensts, sollen um 20 Millionen Mark auf 13,69 Milliarden Mark sinken. Der Haushaltsexperte der Grünen, Burkhard Müller-Schoenau, bezweifelte, dass dieser Ansatz einzuhalten sei. Schon letztes Jahr hätten die Senatsverwaltungen insgesamt 400 Millionen Mark mehr für Personalmittel ausgegeben als eingeplant waren.

Einen Kompromiss erzielte die Koalition beim Bau der Kanzlerbahn U 5: Der Weiterbau vom Pariser Platz bis zum Alexanderplatz wird verschoben, gilt aber nun als „unumkehrbar“. Mit dem Baubeginn ist erst 2003 zu rechnen. Für 2001 sind keine, für 2002 nur geringe Haushaltsmittel eingeplant.

Für das Quartiersmanagement in 15 problembelasteten Stadtvierteln steht im nächsten Jahr jeweils eine halbe Million Mark zur Verfügung.

Die Neuverschuldung sinkt 2001 nur um 100 Millionen Mark auf 3,7 Milliarden Mark. Außerdem müssen 5,5 Milliarden Mark durch Vermögensverkäufe erwirtschaftet werden. Das ist 1 Milliarde Mark mehr als ursprünglich geplant. Finanzsenator Peter Kurth (CDU) bezeichnete dies als „ehrgeiziges Ziel, aber machbar“. Die PDS-Fraktionschefin Carola Freundl sieht hierin jedoch den „größten Unsicherheitsfaktor“. Die Erfahrung mit Vermögensverkäufen in den letzten Jahre zeige, dass zwischen Absicht und Realität eine große Lücke klaffe. Müller-Schoenau kritisierte: „Alles, was die große Koalition nicht an Einsparungen erbringen kann, soll durch Vermögensverkäufe hereinkommen.“ Damit werde das Haushaltsloch nur fortgeschrieben. DOROTHEE WINDEN