Apartheid als Light-Version

■ Keine Spannungsbögen, Höhen und Tiefen Fehlanzeige: Das südafrikanische Musical „Kat And The Kings“ im Thalia-Theater blieb glatt und blutleer

In einer Ecke der Bühne sitzt ein alter, sonnengebräunter Mann mit Schnurrbart auf einem Hocker. Kat Diamond, Schuhputzer in Kapstadt, bietet einigen ZuschauerInnen seine Dienste an – aber dem Publikum bleibt keine Zeit, darauf zu reagieren, denn der Schuhputzer redet schon weiter, nämlich von seiner Jugend. Alsbald erscheint der 17-jährige Kat als einer von vier jungen, anscheinend farbigen Männern auf der Bühne, die die Hanover Street im Kapstadt Ende der fünfziger Jahre darstellen soll. Gerade haben sie sich entschlossen, als singende, steppende und rockende Cavalla Kings Karriere im Apartheidsstaat zu machen.

Was folgt, ist ein zweistündiges Spektakel mit vielen Musiknummern, Step- und Klamaukeinlagen. Das praktisch nicht vorhandene Bühnenbild in Kat And The Kings rückt die sechsköpfige Schauspieltruppe aus Südafrika in den Mittelpunkt. Alle können gut singen und tanzen, vieles wirkte dennoch programmmäßig heruntergespult. Das fehlende Herzblut mag auch der Musik geschuldet sein – die live im Hintergrund spielende Combo vermochte kaum Höhen und Tiefen zu setzen.

Der Hintergrund des von David Kramer und Taliep Petersen geschriebenen Musicals ist spannender als die Aufführung selbst: Der Aufstieg und Fall der Boygroup Cavalla Kings ist eng verbunden mit dem District Six. Der Stadtteil von Kapstadt war ein multiethnisches Wohngebiet. 1966 erklärte das Apartheid-Regime den Bezirk zum Wohngebiet nur für Weiße, und trotz jahrelanger Proteste ließ Regierungschef Botha das Viertel platt walzen. Natürlich fand die politische Situation Eingang in das Musical, allerdings eher als lästige Begleiterscheiung. Die Cavalla Kings dürfen zwar im Claridges Hotel auftreten, müssen sich aber verpflichten, tagsüber als Liftboys zu arbeiten.

Alle Songs und sämtliche gesprochenen Sequenzen sind auf Englisch mit vielen Einsprengseln von Afrikaans. Wer also das Programmheft vorher nicht studiert hatte, bekam einige Szenen, die tatsächlich witzig waren, gar nicht so richtig mit. Aber das Publikum in der nicht ausverkauften Vorstellung im Thalia hatte trotzdem große Freude an dem Stück; wenn ein Musical mit dem Londoner Olivier Award für das beste neue Musical ausgezeichnet wird, muss es wohl zwangsläufig gut sein.

Sven Tietgen

Vorstellungen täglich außer montags bis 13. August, Di - Do 20 Uhr, Fr 21 Uhr, Sa 16 + 21 Uhr, So 15 + 20 Uhr