Per Kahn ins Entenglück

■ Findorffer Dreckecke soll nostalgischer Hafenromantik aus alten Torfkahnbootzeiten weichen, fordern Vegesacker Bootsbauer / Im Bauressort stellt man die Kostenfrage

Unscheinbar liegt er da: Eingezwängt zwischen Findorffs Neukirchstraße und Eickedorfer Straße, direkt neben dem Bremer Bürgerpark. Ein kleiner See, für viele nur ein Ententeich, bis obenhin voll mit verdrecktem Brackwasser. Stockente, Bierdose und Plastiktüte ziehen hier einmütig ihre Bahnen, nichts ahnend der historischen Stätte, auf der sie sich bewegen. Doch das modrig grüne Gewässer war vor 100 Jahren Ort pulsierenden Handelslebens, der Teich Teil des einstigen Findorffer Torfhafen.

Die nostalgische Hafenromantik vergangener Zeiten lässt sich hier zurzeit jedoch nicht mal erahnen. Dies wollen engagierte Bootsbauer aus Vegesack nun ändern. „Der Hafen hat eine Geschichte, aber kaum ein Bremer weiß davon“, bedauert Horst Eggers von der Bremer Bootsbau Vegesack GmbH (BBV). Die BBV, eine Organisation, die fast ausschließlich von Mitteln der Stadt getragen wird, hat sich seit zwei Jahren auf den Nachbau historischer und für die Region typische Schiffe spezialisiert. Ein Exemplar ihrer Fleißarbeit schippert bereits seit 1994 durch die ursprünglichen Einsatzgebiete seiner Vorfahren, den Feucht- und Moorgebieten zwischen Blockland und Teufelsmoor: ein Bremer Torfkahn. „Zu Zeiten, als die Bremer ihre gute Stube noch mit Torf heizten, brachten Torfschiffer den Brennstoff aus den umliegenden Abbaugebieten über die Torfkanäle bis in die Innenstadt“, erzählt Eggers. Die seichten Gewässer zwangen zum Bau kielloser, flachbödiger Boote. So entstand der Torfkahn, eines der wichtigsten Fortbewegungsmittel des 19. Jahrhunderts. Auf dem Teerhof wird jetzt Torfkahn Nummer zwei gebaut, ein drittes Exemplar steht in Planung. Mit den drei Kähnen hat die BBV jetzt schon große Pläne. „Unser Traum: unsere Kähne auf dem alten Findorffer Torfhafen“, verrät Eggers. Denn denen steht der historische Platz seiner Meinung nach allemal zu. 1880 lagen über 100 Kähne im Hafen, 30.000 Torfankünfte wurden gezählt. Damals reichte das Hafenbecken noch bis an Findorffs Martin Luther Kirche. Als dann Kohle den Torf als Brennstoff ablöste, schüttete man 1955 den Hafen bis auf das verbleibende Becken zu.

Findorffs Lokalpolitiker scheinen von der Idee der Vegesacker Bootsbauer bereits begeistert: „Die Kähne würden den Stadtteil um einiges aufwerten“, so Beiratsmitglied Karl Locke. Betrachtet man die jetzige Situation, scheinen die Pläne allerdings noch Seemeilen entfernt. Eine Spundwand schottet den brackigen Teich vom Torfkanal ab. Entfernt man diese, würde der Wasserspiegel im Becken sinken. Danach wären aber die uralten Seitenwände gefährdet, die durch das Wasser gestützt werden. Und auch die Autobrücke zwischen Findorff-allee und Am Weidedamm könne so nicht stehen bleiben. „Zu niedrig, die Kähne passen nicht drunter durch“, weiß Locke. Hört sich alles nach gewaltigen Kosten an. Eggers setzt dabei auf Sponsoren, hofft besonders auf Findorffs Kaufleute. Auch die Betreiber der anliegenden Messehallen zieht er in Betracht. Das wäre dann die HVG (Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft), eine Tochter der Stadt. Folglich muss also die Stadt für die Pläne der Bremer Bootsbau GmbH gewonnen werden. Und was sagt die dazu? „Ein, wollen wir mal sagen, sehr tief gehendes Schiff“, lautet der Kommentar aus dem Bauressort. Das zeigt sich ansonsten wenig angetan und fühlt sich nicht zuständig, denn: „Wer soll das alles zahlen?“

Silke Katenkamp