„Aus dem Stadtbild verschwinden“

■ Bremens Scientologen sind umgezogen / Ein weiterer Schritt aus dem öffentlichen Blickfeld? / Oder fehlen einfach die Jünger?

Nein, mit Repräsentationsgehabe hätte die bisherige Heimat der Bremer Scientology Mission, die Nobelvilla am Osterdeich, nichts zu tun gehabt. Das sagt Jan Labes, Präsident der Scientology Mission Bremen e.V. „Wir haben damals vor acht Jahren einfach nichts anderes gefunden.“ Da war der Osterdeich 27 keine schlechte Notlösung, nicht zuletzt weil die Miete der 1.500 Quadratmeter messenden Villa von 30.000 Mark auf 15.000 halbiert wurde. Ein netter Zug des Besitzers, einem Bremer Geschäftsmann und Scientologen. Dennoch entpuppten sich die Räumlichkeiten des knapp 120 Jahre alten Prunkbaus mit seiner unter Denkmalschutz stehenden Inneneinrichtung in letzter Zeit als reichlich überdimensioniert. Zu wenig Jünger in der Hansestadt. Scientology Bremen musste umziehen.

„Die haben zuletzt nicht mal mehr alle Räume genutzt“, meint Immobilienhändler Günther Diekamp, der das Objekt derzeit für 3,2 Millionen zum Verkauf anbietet. „Vielleicht hat sich die Mission ja nicht so entwickelt, wie man sich das vorgestellt hat“, spricht Diekamp eine nahe liegende Vermutung aus. Präsident Labes sieht das etwas anders: „Um dem Haus am Osterdeich gerecht zu werden, hätten wir unsere eigentliche Arbeit vernachlässigen müssen. Deswegen sind wir hauptsächlich umgezogen.“ Finanzielle Schwierigkeiten, wie sie Scientology Bremen bereits während des Gerichtsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht der Hansestadt Bremen am 25. Februar 1997 (in dem die Organisation zur Anmeldung eines Gewerbes angewiesen und ihr die Werbung in bestimmten Innenstadtbereichen untersagt wurde) eingestanden hat, haben wohl ebenfalls eine Rolle gespielt. Schließlich sind 15.000 Mark Miete im Monat nicht wenig für einen Verein, der angeblich keinen Gewinn macht.

Sind die neuen, 700 Quadratmeter großen Räumlichkeiten der Scientology in der Stolzenauer Straße 36 in Hastedt vielleicht auch deshalb geeigneter, weil sie weniger präsent sind im Stadtbild? Möchte die Organisation, die nach wie vor auch in Bremen vom Verfassungsschutz beobachtet wird, unauffällig in ruhigere Stadtteile abgleiten? Im zuständigen Senats-Ressort für den Bereich Sekten und Psychogruppen könnte man sich so etwas jedenfalls vorstellen. „Dort wo Scientology größere Häuser, also Kirchen, in Deutschland unterhält, etwa in Hamburg oder München, sprach man in den letzten Jahren vom massiven Rückgang der Anhänger. Das führt zu einer allgemeinen Phase des Umbruchs, in der Scientology sich neu organisiert und die mit Sicherheit auch Bremen beinhalten wird. Teil davon könnte sein, aus dem Stadtbild zu verschwinden“, so das Fazit.

Dass der Umzug eine verspätete Reaktion auf den Gerichtsbe-schluss vom 25. Februar 1997 ist, der es Scientology verbietet, in bestimmten Zonen der Innenstadt zu werben, bestreitet Vereinspräsident Labes vehement. „Wir machen genau dasselbe, was wir vorher auch gemacht haben: Wir helfen Menschen beim Erreichen ihrer geistigen Vervollkommnung.“ Vom Mitgliederschwund in anderen Städten will er nichts gehört haben. „Für mich sind das Gerüchte.“ In Bremen jedenfalls sei die Zahl bei „ein paar Hundert Mitgliedern“ geblieben. Konkreter will er nicht werden. Gregor Kessler